Auf der Suche nach den Trüffeln

TD-7358.jpg

Vor mehr als drei Jahren ging das Düsseldorfer Stadtmagazin THE DORF als Internetseite an den Start. 2017 kam die erste gedruckte Ausgabe auf dem Markt. Wir haben die beiden
Gründer, Tina Husemann und David Holtkamp, in ihren Büroräumen in der siebten Etage des Hotel Friends getroffen.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, THE DORF zu gründen?

David Holtkamp: Schon bevor wir uns besser kennenlernten, haben wir beide über sowas nachgedacht. Vor ein paar Jahren hatte ich mit meiner damaligen Geschäftspartnerin den kleinen Concept Store „Mischwaren“ in Flingern - in der Zeit habe ich auf unserer Seite regelmäßig Tipps zu diversen Veranstaltungen in der Stadt und Themen, die ich für interessant und spannend hielt, veröffentlicht. Das kam bei den Kunden sehr gut an und sorgte für Traffic im Geschäft.

Tina Husemann: Ich bin seit 2006 mit meiner eigenen PR-Agentur selbstständig. David und ich kannten uns vorher schon flüchtig, aber 2011 lernten wir uns dann auch privat besser kennen. Durch meine PR- und -Kommunikationsarbeit war ich immer schon sehr gut vernetzt. Das ist natürlich hilfreich. Als wir dann zusammengefunden haben, haben viele Menschen gesagt, ihr müsst zusammen was starten.

Und wann ging es dann in die wirkliche Planung und Umsetzung?

Tina Husemann: Im Kopf hatten wir die Idee schon lange. Aber Anfang 2014 sind wir dann aktiv in die Konzeption gegangen und haben THE DORF entwickelt. Im November 2014 sind wir online gegangen.

David Holtkamp: Auch hier haben wir wieder gemerkt, wie sehr uns unser Netzwerk geholfen hat, die Sache schnell zu streuen und bekannt zu machen.

Tina Husemann: Wir haben an einem Freitag im November die Facebook-Seite gelauncht und die hatte am Samstagmorgen bereits mehr als 1000 Likes. Ohne groß die Werbetrommel gerührt zu haben! Eine Woche später haben wir die Seite online gestellt. Das Interesse war von Anfang an sehr groß. Das hat uns gefreut, aber wir hatten auch Respekt: Wenn die Erwartungshaltung der Leute so groß ist, setzt das einen schon ein wenig unter Druck.

Wie ist denn eigentlich der Name entstanden?

Tina Husemann: Ehrlich gesagt ist er aus einer Schnapslaune entstanden und dann fanden wir ihn immer besser, weil er halt im Kopf bleibt.

David Holtkamp: Es geht ja darum, dass man auch ein wenig mit den Wörtern spielt. Der Begriff ‚Dorf‘ wegen Düsseldorf, aber auch weil Düsseldorf gerne als Dorf belächelt wird. Das ‚The‘ steht dafür, dass es hier doch recht international zugeht. Düsseldorf ist eine sehr kompakte Großstadt und das hat einen totalen Mehrwert, der lange verkannt wurde. Du hast kurze Wege und auf kleinem Raum extrem viele Angebote: Kultur, Gastronomie und Shopping. Du brauchst nie länger als zehn bis fünfzehn Minuten, um von A nach B zu kommen.

Welches Düsseldorf möchtet ihr mit THE DORF rüberbringen?

Tina Husemann: Uns hat gestört, dass zum Thema Düsseldorf immer nur über Glamour, Glamour, Glamour gesprochen wurde. Sehr einseitig, sehr reduziert auf die Königsallee. Düsseldorf ist aber so viel mehr. Wir möchten die kreativen Gesichter der Stadt zeigen. Wir finden, dass Düsseldorf sich weder auf einem nationalen noch internationalen Niveau verstecken muss und das möchten wir den Lesern von THE DORF näherbringen.

Ihr beiden seid auch ein Paar, wie gestaltet ihr die berufliche Zusammenarbeit und wie ergänzt ihr euch?

Tina Husemann: Ich bin definitiv die mit dem Überblick. David ist die Ideenmaschine. Ich bin eher die Struktur dahinter, die ihn manchmal ein bisschen auf den Boden zurückholt. 

 

TD--2.jpg

David kümmert sich primär um das Produktionsmanagement und ich bin die Textchefin. Außerdem haben wir mittlerweile ein großes Team an freien Fotografen und Redakteuren aufgebaut. Unser Designbüro zweizueins kümmert sich seit Beginn an um die Gestaltung und das Erscheinungsbild von THE DORF.

David Holtkamp: Meine Ohren und Augen sind immer auf und auf der Suche nach etwas Neuem. Ich rate den Leuten immer: Geh mal zu Fuß durch deine eigene Stadt, geh neue Wege, lass’ das Auto stehen. Dann entdeckst du ganz viele neue Dinge. Es kann ein neues kleines Café sein, aber auch ein Laden, den es seit 40 Jahren gibt, der einem nur noch nie aufgefallen ist. Mein Motto ganz klar: Entdecke deine eigene Stadt.

Hattet ihr von Beginn an ein Konzept im Kopf oder habt ihr einfach mal geschaut, wo die Reise hingeht?

Tina Husemann: Von Beginn an stand auch ein Printprodukt auf unserer Agenda. Im Sommer 2017 haben wir unser erstes gedrucktes Magazin rausgebracht und im Mai 2018 erscheint die nächste Ausgabe. Außerdem gibt es jetzt eine App - die steht auch schon im Store. Die App ist auf Englisch und ist in Kooperation mit LOST iN entstanden. LOST iN bietet kuratierte Printcityguides an, meist mit Tipps von echten Locals. David und ich reisen selber gerne in europäische Metropolen und freuen uns immer über gute Magazine oder Cityguides mit Tipps.

Gab es Momente, in denen ihr festgestellt habt: Ja, unsere harte Arbeit hat sich gelohnt und wird honoriert?

Tina Husemann: Wir wurden vom kreativen Kompetenzzentrum des Landes Creative.NRW als eines von fünf Creative-Spaces ausgezeichnet. Das freut uns sehr. Es macht einen stolz, dass unsere Arbeit nicht nur wahrgenommen, sondern auch gewürdigt wird. Ein weiteres Beispiel ist die 1LIVE-Krone. Da hatten wir einen Platz zwischen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der dpa. Das war ganz witzig.

Mit zunehmender Bekanntheit bekommt man wahrscheinlich sehr viele Anfragen, natürlich auch werblicher Natur. Wie schafft ihr es da, eure Authentizität zu wahren? Sagt ihr auch mal Nein, obwohl es wirtschaftlich durchaus lukrativ wäre?

Tina Husemann: Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir weder Bannerwerbung, noch Pop-Ups auf der Seite haben möchten. Wir haben uns von Beginn dazu entschieden, dass wir nur Werbe- und Kooperationspartner auf der Seite platzieren, die zu uns passen. Uns war klar, dass so ein Ding erst mal mindestens zwei Jahre laufen muss, bevor man damit Geld verdient. Es war erst mal wichtig, dass wir uns positionieren. Man kann nicht von Beginn an erwarten, dass Adidas auf dich zukommt.

David Holtkamp: Es war gut, länger nichts zu machen und abzuwarten. Wenn du zu früh irgendwelche Wege einschlägst, dann kann es sein, dass du es später bereust. Unsere Strategie war zu warten und zu selektieren. Mittlerweile realisieren wir auch viele spannende Agenturjobs im Bereich Content Creation für Kunden und bringen unser langjähriges Agentur- und THE-DORF-Know-how mit ein.

Was habt ihr in dreieinhalb Jahren mit THE DORF gelernt?

Tina Husemann: Wir haben definitiv gelernt, dass man nicht alles machen muss. Wir haben uns von diesem „Immer-schneller-Ding“ gelöst. Wir sehen uns auch nicht als Blog oder Tageszeitung. Einmal in der Woche geben wir die aktuellen Veranstaltungsempfehlungen für die kommende Woche raus. Die Portraits und Geschichten rund um die Stadt sind zeitlos, die bleiben.

TD-7049.jpg

Gibt es weitere Zukunftspläne für die Marke THE DORF?

David Holtkamp: Bald soll ein Shop entstehen. Wir können uns vorstellen, dass es dort von uns kuratierte Produkte gibt, aber auch eigene Produkte schwirren in meinem Kopf herum.

Habt ihr abschließend Tipps, wenn man ein kleines, lokales Medienimperium aufbauen möchte?

Tina Husemann: Auch wenn sich dieser Begriff mehr als abgenutzt hat: authentisch bleiben, sich treu bleiben, sich auf keinen Fall verrückt machen lassen. Eine Idee, von der man überzeugt ist, auch durchziehen. Und sehr wichtig: Qualität vor Quantität, da haben wir von Anfang an drauf geachtet. Mit kreativen, talentierten Menschen zusammenarbeiten. Lieber langsam und dafür gut. ●

 

The DORF gibt Tipps fürs „dorf“

Bei THE DORF fragen die Macher regelmäßig nach Lieblingsorten, in VIVID verraten sie uns ihre.

TD-Outdoor-6827.jpg

Der am meisten unterschätzte Ort?

Tina Husemann: Der Hofgarten. Nicht nur schön, sondern auch zentral. Der wird viel zu wenig benutzt und bespielt. Auch Kaiserswerth gehört in diese Kategorie. Es ist sehr schön dort und man hat das Gefühl, dass man gar nicht mehr in Düsseldorf ist. Ein perfekter Ort, um zu entschleunigen.

Der am meisten überschätzte Ort?

David Holtkamp: Den Medienhafen finde ich nicht wirklich gelungen und architektonisch etwas wild. Da fehlt mir die Anbindung zum Zentrum, ein spannenderes Angebot und abends ist da zu wenig los. Aus meiner Sicht hätte die Ecke an der alten Papierfabrik tolles Potenzial gehabt.

Das perfekte Wochenende in Düsseldorf?

Tina Husemann: Ein kulinarischer Samstag sieht so aus: Frühstück im Glas Lennartz, dann ein Besuch der zahlreichen Düsseldorfer Ausstellungen. Mittagessen bei Domenico von Casa Cortilla auf dem Carlsplatz. Ein Bierchen vorm Uerige und dann mit Freunden im Olio treffen.

David Holtkamp: Ein Besuch bei Fortuna im Stadion!

Düsseldorf in drei Sätzen?

David Holtkamp: Meine Heimat, eine kleine, kompakte Großstadt. Weltoffen, zugänglich und freundlich. Ich bin sehr dankbar für das Japanviertel, seinen Einfluss und seine kulinarische Vielfalt auf Topniveau.

Düsseldorf in drei Stunden?

David Holtkamp: Samstagfrüh durch den Hofgarten zum Ehrenhof. Weiter über die Promenade, über den Rathausplatz zum Carlsplatz. Besorgungen machen und dem „rheinischem Gossip“ der Leute zuhören. Ein gastronomisches und persönliches Highlight: Kim Phi aufsuchen und in eine komplett andere Welt eintauchen. Kim Phi ist ein vietnamesischer Lebensmittel-Großhandel im Industriegebiet Lierenfeld. Dort bekommt man jeden Samstag im hinteren Teil der Großhalle von 10 bis 16 Uhr asiatisches Streetfood und die vielleicht beste Pho-Suppe der Stadt.

Der beste Kaffee?

Tina Husemann: Rösterei Vier & Kaffeereich auf dem Carlsplatz

David Holtkamp: Schvarz Kaffee

Wo trifft man euch auf ein Bier?

Tina Husemann: Uerige

David Holtkamp: Schumacher auf der Oststraße

Der beste Saft?

Tina und David: Auf dem Carlsplatz

Gibt es (überhaupt noch) einen Ort, den ihr selber mal besuchen würdet und dort noch nicht wart?

Tina Husemann: Ich war noch nie im Japanischen Garten.

David Holtkamp: Ich will seit Jahren in den Botanischen Garten .

Was gibt es zu viel in Düsseldorf?

David Holtkamp: Definitiv zu viele Autos. Wir sind leider alles andere als eine Fahrradstadt oder eine fahrradfreundliche Stadt. Dabei wäre die kompakte Größe Düsseldorfs ideal dafür.

Was gibt es zu wenig in Düsseldorf?

David Holtkamp: Cafés, gerade in der Innenstadt, gibt es davon viel zu wenig. ●


Text: Karolina Landowski
Fotos: Robin Hartschein