Henkel, wie geht Ihr mit Start-Ups um?

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Der Konsumgüterhersteller Henkel hat große Pläne. Seit vergangenem Jahr arbeitet Henkel mit Start-ups zusammen. So will das Traditionsunternehmen auch die eigene Innovationskraft fördern.

Ende 2017 sicherte sich ein israelisches Start-up namens Copprint ein Investment aus Düsseldorf: Henkel nahm das gerade mal ein Jahr alte Unternehmen aus Jerusalem ins Portfolio der Henkel Ventures auf, die Venture-Capital-Tochter des Konzernriesen. „Wir haben uns aktiv in Israel umgeschaut, uns aktiv in unserem Netzwerk ausgetauscht und wurden so auf Copprint aufmerksam“, sagt Robert Günther, Teammitglied von Henkel Ventures.

Erst 2016 gegründet, konnte Copprint in kürzester Zeit Experten mit einer Technologie für kupferbasierte und somit leitfähige Tinten überzeugen. Eine Innovation, die in vielen Bereichen verwendet werden kann: Photovoltaik, 3D-Druck, NFC-Antennen, Wearables, intelligente Bekleidung. Expertise, die Henkel überzeugte. „Wir wollten im Bereich Printed Electronics – speziell leitfähigen Tinten – unsere Expertise stärken“, sagt Günther. Intensive Recherchen führten zu Copprint. Man lernte sich auf einer Messe kennen. „Wir haben damals unsere Vision vorgestellt und blieben in Kontakt“, beschreibt es Copprint-Gründer Ofer Shochet. „Wir waren danach vor Ort, haben uns das Copprint-Lab angesehen, Ideen ausgetauscht und schließlich haben Henkel-Mitarbeiter in Israel mögliche gemeinsame Projekte ausgelotet und besprochen“, sagt Robert Günther von Henkel Ventures. Nach einem Jahr des gemeinsamen Ideenaustauschs und einer Projektierungsphase folgte im Dezember 2017 der Vertragsschluss – Henkel investierte in das israelische Start-up.

„Es geht sehr viel um persönliches Netzwerken und Vertrauen“

Die Zusammenarbeit mit Copprint ist Teil der großen Start-up-Offensive des Düsseldorfer Traditionsunternehmens. Seit Anfang 2017 sind fünf Firmen mit Direktinvestments ins Portfolio der Henkel Ventures aufgenommen worden. Zwei Start-ups erhalten Fund-Investments. Hinzu kommen laut Henkel unzählige Kooperationen. Die Themenfelder im Henkelnetzwerk: vielfältig – von Industrieforschung über Konsumartikel bis hin zu smarten Geschäftsmodellen.

Bis 2020 will das Henkel-Ventures-Team, das von der Düsseldorfer Konzernzentrale aus arbeitet, 150 Millionen Euro in Start-ups mit innovativer digitaler oder technologischer Expertise investieren. „Man muss nicht immer alles intern entwickeln“, erklärt Günther. „Manchmal ist es gerade gut, mit Start-ups zu kooperieren, die eine gewissen Agilität haben und unvoreingenommen an Themen herangehen.“

Wie bei jedem großen Haus drehen sich die Zahnräder auch bei Henkel schon einmal langsamer, als es die Schnelligkeit der Start-up-Welt mit Digitalisierung und Internet der Dinge tut. Um Schritt halten zu können, ist Bewegung notwendig. Deshalb habe der neu gegründete Bereich Henkel Ventures auch seine eigenen Prozesse, seine eigene Geschwindigkeit. Henkel erhofft sich von

den Kooperationen mit der Gründerszene neues Potenzial. „Es gibt Bereiche, wo wir uns als Konzern noch besser aufstellen müssen – da können wir die Expertise von außen gut gebrauchen“, sagt Günther. Der Austausch mit den Gründern und ihren Teams bietet dem Konzern Einblicke in Zukunftstechnologien und innovative Geschäftsmodelle, die bislang in den eigenen Reihen noch keine Rolle spielen – für innovative Prozesse aber unverzichtbar sein könnten.

Die Start-ups profitieren gleichzeitig von Henkels Größe, Fachwissen und Netzwerk. Henkel Ventures will anders investieren als Business Angels oder Investmentfonds: „Wir machen keine rein finanziell getriebenen Investments“, sagt Günther. „Für uns steht die strategische Zusammenarbeit im Vordergrund. Es geht um einen Austausch, von dem beide Seiten profitieren.“

Dass es sich bei Henkel Ventures nicht um einen „Standardinvestor“ handelt, der in erster Linie finanzielle Anreize setzt – genau das überzeugte auch Copprint-Gründer Shochet: „Henkel hat ein tiefes Verständnis für
den Markt, für Techniker und Verkäufer auf der ganzen Welt. Als kleines Unternehmen sind wir in unseren Ressourcen begrenzt und hoffen, die Beziehungen mit Henkel nutzen zu können.“ Henkel sei ein Partner, der die Unabhängigkeit der Gründer respektiere und das Start-up in seiner Entwicklung voranbringe und – nicht ganz unbedeutend – zwei Millionen in Copprint investierte.

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Henkel Ventures und die 150 Millionen Euro sollen ein klares Bekenntnis an die Start-up-Welt sein: Henkel als starker Partner, der an die innovativen Unternehmen glaubt. Auf Konferenzen und Netzwerkveranstaltungen strecken Henkel-Mitarbeiter ihre Fühler aus, zeigen Präsenz, bauen Kontakte auf und unterstützen die Organisation von Netzwerktreffen. So beteiligte sich Henkel beispielsweise an der „Advanced Materials Competition“, bei der Hightech-Start-ups auf Top-
manager treffen. Und im Sommer 2017 lud Henkel Ventures Gründer aus aller Welt zu den „Start-up Connect Days“ in die Zentrale nach Düsseldorf-Reisholz. „Es geht sehr viel um persönliches Netzwerken und Vertrauen“, beschreibt Günther. Persönliche Kommunikation durch direkte Ansprechpartner für die Gründer seien deshalb bei Henkel Ventures Grundvoraussetzung.

„Wer abblockt, gefährdet die Innovationskraft“

Internationale Kooperationen – etwa mit jungen Unternehmen in den USA, Kanada oder Israel – sind bei Henkel eher die Regel als die Ausnahme. Nichtsdestotrotz hat auch die heimische Gründerszene für den Düsseldorfer Konzern eine große Bedeutung. „Regional und lokal engagieren wir uns etwa mit Coachings und Start-up-Events“, sagt Günther. „Wir glauben daran, dass ein Investment in die Szene in der Nähe wichtig und auch für uns als Unternehmen vor Ort langfristig von Vorteil ist.“ Henkel ist deshalb beispielsweise mit an Bord beim

Start-up-Mentoring-Programm der Wirtschaftsförderung Düsseldorf, der Pitch-Party der IHK-Wirtschaftsjunioren oder der Open-Innovation-Initiative der Hochschule Düsseldorf. Außerdem nutzt das Traditionsunternehmen immer wieder die Gelegenheit, kleinere Projekte mit Start-ups aus der Stadt oder der Region umzusetzen, um die Szene vor der eigenen Haustür zu stärken. Das funktioniert: Ein Projekt mit den Gründern von IOX Lab (siehe Seite 11) wurde 2016 für das Düsseldorfer IoT-Start-up zur Initialzündung. Die Tüftler mit Sitz im Düsseldorfer Medienhafen entwickelten für Henkel den Prototyp eines smarten Moskitosteckers.

Henkels Start-up-Offensive zeigt: Der Konzern will sich verändern, mit dem Wandel mitgehen. Henkel Ventures scheint dafür nur der logische nächste Schritt gewesen zu sein. Schon vor der Venture-Capital-Gründung hatte laut Günther ein Umdenken im Henkel-Konzern begonnen: „Ein innovatives Klima im Konzern kann nur gelingen, wenn wir bereit sind, uns zu verändern und uns mit Start-ups auszutauschen“, sagt Günther. Die Haltung „Not invented here“ sei die größte Gefahr. „Wer hier abblockt, gefährdet die Innovationskraft“, sagt Günther. Deshalb sei es so wichtig, dass im Unternehmen Kooperationen mit Start-ups als Win-win-Situationen wahrgenommen werden. Dieser Prozess sei bei Henkel vor ein paar Jahren in Gang gesetzt worden – nun profitierten alle von dieser Entwicklung, ist sich Günther sicher: „In den unterschiedlichsten Bereichen finden heute Kooperationen mit Start-ups statt, die von allen Seiten wertgeschätzt werden.“ So investiert Henkel nicht nur in die eigene Innovationskraft, sondern stärkt und vernetzt die Gründerwelt von heute und investiert in Technologien von morgen – im eigenen Interesse. ●


Text: Katja Joho



Firma Henkel - CEO Hans van Bylen - Umsatz (2017) 20 Mrd. Euro - seit 1876

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