Es gibt immer eine Lösung

Gemeinsam mit deutschen Unternehmern und Entscheidern reiste VIVID nach 
Tel Aviv. Fünf Tage, vollgepackt mit Start-up-Besuchen, Networking-Events, Meet-up-Terminen, der DLD-Innovations-Konferenz, einem Besuch in Jerusalem und einer Podiumsdiskussion mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.

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Welcome to Israel“, begrüßt ein Schild am Ben Gurion Airport in Tel Aviv. Auf einer Fläche so groß wie Hessen leben circa 8,5 Millionen Einwohner, es gibt 6.500 Start-ups, das gibt es sonst nirgendwo. Tel Aviv ist das High-Tech-Zentrum des Staates, aber auch die 3000 v. Chr. gegründete Hauptstadt Jerusalem ist gerade im Bereich Biotechnologie ein absoluter Hotspot. Ungefähr 850.000 Einwohner zählt die „heilige“ Stadt, über 600 Start-ups aus den Bereichen Pharma, Biotech und Medizin sind dort ansässig. Mit einer von der Düsseldorfer IHK organisierten Delegation reisen wir nach Tel Aviv und werden direkt zu Beginn, von der lokal ansässigen Deutsch-Israelischen Außenhandelskammer herzlich in Empfang genommen. Außerdem bekommen wir eine Einführung in das israelische Mindset, das spielt eine große Rolle im Gründerparadies. Schon im Kindergarten bekommt jeder Israeli beigebracht, dass es immer einen Weg gibt, dass Scheitern okay ist und dass ,Kann ich nicht‘ keine Ausrede ist“, erzählt uns Grisha Alroi-Arloser, Geschäftsführer der Außenhandelskammer.

Auf unserer Reise fragen wir uns immer wieder: Warum brennt der Gründergeist hier so unglaublich? Was läuft hier anders? Antworten bekommen wir überall, manchmal offensiv, manchmal versteckt. Aber irgendwie fügt sich am Ende alles zusammen. Vielleicht liegt es daran, dass der Staat Israel ja quasi auch ein Start-up ist. Vor 70 Jahren gründete Ben Gurion Israel, jeder dritte Einwohner Tel Avivs ist zwischen 18 und 35 Jahre alt. Förmliche Kleidung sieht man selten, genauso wenig wird man gesiezt, sehr angenehm. Es gibt keine Bodenschätze, die Zeiten der berühmten Jaffa-Orangen sind längst vorbei und ein Handel mit den Nachbarstaaten ist nahezu ausgeschlossen. Das wichtigste Kapital des Landes sind also seine klugen Bewohner. Während man in Deutschland direkt nach dem Abitur mit dem Studium beginnt und von einer sicheren Anstellung träumt, geht man in Israel mit 18 Jahren erst mal zum Militär, Männer drei Jahre und Frauen zwei Jahre. Top ausgebildet gründen viele von ihnen Tech-Start-ups mit dem Ziel eines Exits. Israel und seine Nachbarstaaten pflegen keine freundschaftlichen Beziehungen, deshalb sind die besten Leute des Landes beim Militär zu finden. Permanent werden neue Technologien entwickelt, um sich zu verteidigen und Gefahren frühzeitig zu erkennen. Die Hierarchien sind flach, man arbeitet im Team. Man könnte das Militär auch als Start-up-Universität bezeichnen. Dort ist man nicht nur Soldat, sondern bekommt seine erste Lektion als Manager. In Israel lebt es sich aufgrund der politischen Lage gefährlicher als hierzulande, auch deshalb ist die Risikobereitschaft wahrscheinlich etwas größer, die Sorge, ein Start-up gegen die Wand zu fahren, kleiner.

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Durchs Militär perfekt vorbereitet, beginnt der junge Israeli zu gründen und alleine das läuft aufgrund der Marktgegebenheiten völlig anders als in Deutschland. Auf unserer Reise besuchen wir unter anderem das Start-up Zeek. Auf dieser Plattform kann man Gutscheine, die man geschenkt bekommen hat, wieder verkaufen oder zu einem vergünstigten Preis erwerben. Während seiner Präsentation erläutert uns CEO Daniel Zelkind Folgendes: „Israel bietet nicht wirklich einen Markt für Start-ups, unsere Nachbarländer auch nicht, deshalb denken wir von Anfang an international. Wir entwickeln eine Lösung nicht für uns, sondern für alle. Wir sind in Großbritannien sehr erfolgreich und eröffnen demnächst auch ein Office in Deutschland.“ Mobil­eye ist ein perfektes Beispiel für ein Start-up aus dem Hightechbereich für autonome Fahrtechnologien. Das Jerusalemer Unternehmen, das seinen Deutschlandsitz übrigens in Düsseldorf hat, wurde in diesem Jahr für 15 Milliarden Euro vom Chip-Produzenten Intel gekauft.

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Global denken, etwas entwickeln, was die Welt besser macht. Nicht umsonst investiert der Staat jährlich 4,3 Prozent der Wirtschaftsleistung in Forschung und Entwicklung neuer Technologien. Kein Land gibt dafür so viel aus, Deutschland investiert circa 3 Prozent. Es scheint zu funktionieren, denn immer mehr internationale Konzerne eröffnen Büros in Israel. Über 320 Unternehmen haben sich dort niedergelassen, BASF, Bosch, Siemens und Daimler sind nur einige der großen Namen. Das Ziel des israelischen Gründers ist der erfolgreiche Exit. Dafür arbeitet er hart und schnell. „The fastest way to the second-best solution“ ist so ein Satz, den man hier öfter hört. Scheitern gehört genauso wie erfolgreich gründen zum Unternehmertum. Gescheitert ist das Gutscheinunternehmen Zeek auf jeden Fall nicht. Es eröffnet sein erstes Deutschland-Office bald in Düsseldorf und hat sich ganz bewusst für die Landeshauptstadt entschieden. „Ich habe mir vor Ort selbst ein Bild gemacht und finde Düsseldorf toll. Die Direktverbindung Düsseldorf–Tel Aviv ist ein echter Benefit. Kurze Wege inmitten der Stadt und zum Flughafen und eine gute Infrastruktur sind genauso gegeben wie eine sichere Umgebung, ein angenehmes Klima und eine Internationalität sowohl bei Konzernen wie auch in der Bevölkerung. Das hat mich überzeugt“, erläutert Gründer Daniel Zelkind seine Standortentscheidung.

Auf unseren Kaffeebechern im Hotel konnten wir jeden Morgen ein Zitat des Staatsgründers Ben Gurion lesen.

„Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“ Vielleicht beschreibt es die Mentalität, die wir auf unserer Reise erleben durften, ganz gut und gilt als Inspirationsquelle, um das eigene Mindset stetig zu überdenken und zu erweitern. ●


Autor: Britt Wandhöfer