Internet auf dem Mond
Der letzte bemannte Flug zum Mond ist mittlerweile mehr als 40 Jahre her und war eine politisch betriebene Initiative. Das Start-up PTScientists arbeitet nun gemeinsam mit Vodafone und Audi an einem privat finanzierten Mondflug. Ihre Mission: über das Internet Livebilder in nie da gewesener Qualität vom Mond auf die Erde zu übertragen.
Herbst 2019: Das erste deutsche Raumschiff landet auf dem Mond. 50 Jahre nachdem Neil Arm-strong als erster Mensch den Mond betreten hat. „Mission to the Moon“ heißt der privat finanzierte unbemannte Mondflug, mit dem das Unternehmen Vodafone zeigen will, dass es weit mehr als SIM-Karten zu bieten hat - nämlich Technologie mit Weltraumpotenzial.
Der Telekommunikationsanbieter, der seinen Deutschlandsitz in Düsseldorf hat, ist als Technikpartner mit an Bord, wenn in anderthalb Jahren auf dem Raketenstartgelände Cape Canaveral im US-Sonnenstaat Florida eine SpaceX-Falcon-9-Trägerrakete Richtung All abheben soll. Im Erdorbit entkoppelt sich das Raumfahrzeug ALINA und macht sich mit einer Geschwindigkeit von 6.000 Stundenkilometern – das ist rund fünfmal schneller als der Schall – auf die mehr als 380.000 Kilometer weite Reise Richtung Mond. Landen wird ALINA nur wenige Kilometer entfernt von Apollo 17, dem letzten bemannten Mondflug im Jahr 1972.
Dort beginnt die nächste Etappe des deutschen Weltraum-Abenteuers: ALINA hat nämlich modernste Mobilfunktechnologie an Bord. Das Landemodul stellt aus dem All eine Funkverbindung zur Erde her und wird zur ersten LTE-Basisstation auf dem Mond. Gemeinsam mit dem Berliner Start-up PTScientists will Vodafone so die Erforschung des Erdtrabanten vorantreiben. „Wir machen Deutschlands erste Mondlandung möglich und bringen erstmals hochleistungsfähige LTE-Technologie ins All“, sagt Hannes Ametsreiter, Chef von Vodafone Deutschland. „Wir legen die Grundlage für viele weitere Mondmissionen.“ Im Idealfall können die Menschen künftige Mondlandungen nicht nur in hochauflösenden Bildern, sondern sogar live auf der Erde mitverfolgen. Technologiepartner von Vodafone wird Nokia sein. Aber zuerst einmal muss ALINA ihr Können unter Beweis stellen. Die Wissenschaftler von PTScientists haben das „autonome Lande- und Navigationsmodul“ entwickelt und getestet. Nun sind sie überzeugt, dass das Raumfahrzeug die massive Strahlung und die extremen Temperaturschwankungen auf dem Mond aushalten wird. Aus ALINAs Bauch werden nach der Landung zwei mit einem LTE-Modul ausgestattete Rover rollen.
Die beiden vernetzten Mondfahrzeuge werden die hügelige Landschaft erkunden und sich auf den Weg zur Landestelle von Apollo 17 machen. Gesteuert werden sie über das LTE-Netz, und zwar vom Kontrollzentrum auf der Erde aus. An der Landestelle angekommen, sollen die Rover dann gestochen scharfe HD-Aufnahmen zur Erde schicken, die möglicherweise Antworten auf bislang unbeantwortete Fragen liefern: Steht das Mondmobil aus dem Jahr 1972 noch dort? Ist es möglicherweise von Staub bedeckt? Exakt einen Mondtag – das sind rund elf Erdentage – haben die Wissenschaftler Zeit, um herauszufinden, ob die Mobilfunktechnik nicht nur auf der Erde, sondern auch im All funktioniert. Dann wird es Nacht auf dem Mond, und die Temperatur sinkt auf minus 160 Grad Celsius ab – eine Extremsituation, die die Rover vermutlich nicht überleben werden.
Bei vergangenen Mondmissionen standen die Forscher stets vor dem Problem, mit den knappen Energieressourcen im All klarkommen zu müssen. Denn Energie gibt es dort nur in Form von Sonnenenergie; der Strom kommt aus Solarpanelen. Immer wieder waren deshalb lange Pausen nötig, um sämtliche Geräte wieder „aufzuladen“. Auch die beiden Mondfahrzeuge werden für das Fortbewegen und das Bildermachen viel Energie benötigen. Die LTE-Technologie von Vodafone soll das Problem lösen. Sie braucht nur einen Bruchteil der Gesamtenergie, sodass mehr Energie für die eigentliche Forschung bleibt. Weiterer Vorteil von LTE: Daten lassen sich energiesparender übertragen und Raumschiff sowie Rover besser steuern.
Und wie geht es nach der „Mission to the Moon“ weiter? ALINA, die beiden Rover und das LTE-Netz sollen auf dem Mond bleiben und so die Infrastruktur-Basis für künftige Weltraumexpeditionen bilden.
Die Vision: „Wenn die ESA demnächst das erste Monddorf errichtet“, sagt Ametsreiter, „dann ist unser Netz schon da“ .
Text: Anne Reef