Wie Chemie nachhaltig macht
Der BASF-Standort in Düsseldorf-Holthausen ist spezialisiert auf die Entwicklung und Produktion kosmetischer Inhaltsstoffe. Vor Ort hat man uns einen spannenden Einblick gegeben, wie auch Duschgels, Shampoos und Cremes zunehmend nachhaltiger hergestellt werden.
Welche Auswirkungen der Klimawandel mittlerweile hat, bekam BASF im Sommer 2018 am eigenen Leib zu spüren: Weil der Rhein viel zu wenig Wasser führte, konnten die Schiffe das große Chemiewerk in Ludwigshafen nur eingeschränkt erreichen und mit Rohstoffen versorgen. Die Anlagen konnten nicht voll ausgelastet laufen, der Schaden ging in die Hunderte Millionen Euro. Selbst eines der größten Chemieunternehmen der Welt treffen die natürlichen Veränderungen also empfindlich. Wie wichtig es ist, etwas dagegen zu tun bzw. den Schaden zu begrenzen, hat man bei BASF ziemlich früh erkannt. „Nachhaltigkeit ist in unserer DNA“, sagt Dr. Levent Yüksel, Werksleiter des BASF-Standortes Düsseldorf-Holthausen. Rund 300 Kilometer rheinabwärts von der Zentrale in Ludwigshafen hat man sich hier auf die Entwicklung und Produktion kosmetischer Inhaltsstoffe und deren Anwendung in Rezepturen spezialisiert, zum Beispiel für Shampoos, Duschgels oder Körperlotionen.
Firma:
BASF Personal Care and Nutrition GmbH
Henkelstraße 67, 40589 Düsseldorf
Geschäftsführer:
Xavier Susterac, Utz Krüsselberg
Mitarbeiter:
1.500 insgesamt
„Ohne Chemie kann eine Welt mit fast acht Milliarden Menschen nicht mehr leben. Es ist daher die Frage, wie man Chemie nachhaltig gestalten kann“, erklärt Dr. Levent Yüksel. Im Fall von kosmetischen Inhaltstoffen kann man das zum Beispiel durch den nachhaltigen Anbau ihrer wesentlichen Rohstoffe erreichen – Palmkernöl und Kokosöl. BASF war eines der ersten Mitglieder der Organisation Roundtable on Sustainable Palm Oil, kurz RSPO, die den nachhaltigen Anbau und die Zertifizierung von Palmprodukten fördert. Wer innerhalb der Lieferkette zertifiziert ist, darf zum Beispiel keinen neuen Wald für Ölpalmplantagen roden. Mittlerweile sind rund 70 Prozent des von BASF eingekauften Gesamtvolumens an Palmkernöl RSPO-zertifiziert. Bis 2020 sollen es 100 Prozent sein. „Dafür braucht man große Transparenz entlang der kompletten Lieferkette. Die bekommt man nur, indem man vor Ort in den Herkunftsländern aktiv ist und unterstützt. Zum Beispiel Kooperationen eingeht und durch Bildung ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit schafft, vor allem bei den Kleinbauern“, erklärt Dr. Levent Yüksel. Auf den Philippinen und in Indonesien baut BASF gemeinsam mit Cargill, Procter & Gamble und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ebenso eine nachhaltig zertifizierte Lieferkette auf – hier für Kokosöl. Rund 3.300 Kleinbauern auf den Philippinen und in Indonesien sollen durch entsprechende Schulungen nachhaltiger anbauen und gleichzeitig ihre Produktivität und ihr Einkommen erhöhen können.
„Ohne Chemie kann eine Welt mit fast acht Milliarden Menschen nicht mehr leben. Es ist daher die Frage, wie man Chemie nachhaltig gestalten kann.“
BASF arbeitet auch mit anderen nachwachsenden Rohstoffen. Bereits seit über 13 Jahren läuft zum Beispiel das Argan-Programm im südlichen Marokko. Aus dem dort wachsenden Arganbaum schafften es bisher vier neue kosmetische Wirkstoffe zur Marktreife. Das Besondere daran: Durch die Zusammenarbeit mit lokalen Kooperativen konnten rund 1.000 Frauen dort eine gut bezahlte Arbeitsstelle unter Fairtrade-Bedingungen finden. Ein Teil des Umsatzes aus den Arganerzeugnissen fließt zudem in einen Sozialfonds, mit dem zum Beispiel Alphabetisierungsprogramme und Gesundheitsinitiativen vor Ort gefördert werden. Ein noch recht neues Nachhaltigkeitsprojekt ist das Rambutan-Programm in Vietnam. Rambutan ist eine der Litschi ähnelnde Frucht, deren nicht-essbaren Pflanzenteile ebenfalls für kosmetische Wirkstoffe genutzt werden können. Das Programm ermöglicht den Arbeitern in den biozertifizierten Rambutan-Gärten unter anderem ein überdurchschnittliches Gehalt und eine Krankenversicherung.
Allein seine nachhaltigen Inhaltsstoffe machen ein kosmetisches Produkt aber nicht zum Verkaufsschlager. „Kosmetik ist Empfindung. Man muss sie riechen, fühlen, sehen können. Und sie muss einen nachweislichen Nutzen haben“, erklärt Dr. Hans-Martin Haake, Leiter der Anwendungstechnik für Personal Care EMEA bei BASF.
Rund 100 Menschen sorgen in Düsseldorf dafür, dass dieses Kunststück gelingt. Sie erforschen und entwickeln neue Inhaltsstoffe im Hinblick auf ihre Praxistauglichkeit. Dabei heraus kommen Resultate wie zum Beispiel Euperlan® OP White. Das Trübungsmittel verleiht Shampoos und Duschgels ein milchig-weißes Aussehen. Weil es im Gegensatz zu herkömmlichen Varianten aus Wachs besteht, kann es leicht biologisch abgebaut werden. Ebenso aus Wachs sind die Peelingperlen von Cegesoft® Peel, die BASF kürzlich entwickelt hat. Um auch die Haptik einer Rezeptur genaustens zu definieren und zu beschreiben, werden diese in einem speziellen Labor von geschulten Probanden getestet. In einem anderen Laborbereich gibt es sogar Roboter, mit denen z.B. Shampoo-Rezepturen mit Echthaar aus der ganzen Welt getestet werden – indem sie das Haar etwa kämmen, waschen, färben oder bleichen. Weil die BASF-Inhaltsstoffe in Produkten auf der ganzen Welt angewendet werden, müssen auch regionale Geschmäcker bei der Entwicklung von kosmetischen Rezepturen berücksichtigt werden. „Dafür machen wir auch Verbraucherstudien und tauschen uns eng mit unseren Kunden, den Kosmetikherstellern, aus. Alle Rezepturen, die hier oder in einem anderen kosmetischen Anwendungslabor der BASF entwickelt wurden, verwalten wir in einer globalen Datenbank“, erklärt Dr. Hans-Martin Haake.
„Wenn wir alle nachhaltig sein wollen, dann müssen wir auch bereit sein, die Kosten zu tragen.“
Der Wunsch nach nachhaltigen Kosmetikprodukten ist groß auf Verbraucherseite. Entsprechend wollen auch die BASF-Kunden immer häufiger Lösungen aus nachwachsenden Rohstoffen und nachhaltiger Landwirtschaft. „Wir bieten unsere Personal-Care-Spezialitäten zum Beispiel nur noch auf Basis von zertifiziertem Palmkernöl an. Unsere Kunden gehen diesen Schritt offensichtlich gerne mit“, erklärt Dr. Levent Yüksel. Bei all dem guten Willen stößt man aber auch an Grenzen: Zertifiziertes Palmkernöl etwa ist nur in bestimmten Mengen verfügbar, und viele Wettbewerber wollen es auch. Das alles verursacht viel Aufwand und Kosten. Im Vergleich zu Entwicklung, Vertrieb und Marketing eines Produktes sind das aber geringe Kosten. Mit Blick in die Zukunft sagt Dr. Levent Yüksel: „Wenn wir alle nachhaltig sein wollen, dann müssen wir auch bereit sein, die Kosten zu tragen. Je mehr Menschen mitmachen, desto interessanter und wirtschaftlicher wird das. Wenn zum Beispiel alle Shampoos auf dieser Welt nachhaltig wären, wäre das auch kaum teurer für den Endverbraucher.“ •
• Düsseldorf ist der weltweit größte BASF-Standort für die Produktion von kosmetischen Inhaltsstoffen (z.B. für Shampoos, Duschgels, Körperlotion).
• In Düsseldorf beschäftigt BASF 1.200 Mitarbeiter, in Monheim (Verwaltungssitz) und Düsseldorf zusammen sind es insgesamt 1.500.
• Als größter Anbieter von Inhaltsstoffen für Naturkosmetik stellt BASF in Düsseldorf ein breites Portfolio an Produkten her, die gemäß COSMOS-Standard für Naturkosmetik zugelassen sind.
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Für die BASF sind insgesamt 122.000
Mitarbeiter in mehr als 90 Ländern
beschäftigt.
Autor: Thomas Corrinth
VIVID 03 | 2019
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