The Hip-Hop DNA

Die ManeraMedia GmbH betreibt mit dem Onlinemagazin Hiphop.de das reichweitenstärkste popkulturelle Magazin im deutschsprachigen Raum. Zudem hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, Hip-Hop-Kultur in Marken zu verwurzeln – und im Fußball. Wie das gehen soll? VIVID sprach mit Geschäftsführer Tobias Kargoll.

Tobias Kargoll ist ursprünglich von seiner Heimatstadt Kamen nach Düsseldorf gekommen, um Sozialwissenschaften zu studieren und anschließend Journalist zu werden. Der passionierte Hip- Hop-Fan trifft sich eines Abends mit Kommilitonen am Rhein, als er zufällig mit einem Mann über das Thema Gangsterrap ins Gespräch kommt. Erst einige Tage später wird ihm klar, mit wem er es an diesem Abend zu tun gehabt hat: Christian Fu Müller, Gründer des Onlinemagazins Hiphop.de. Wenige Tage später bewirbt er sich bei Müller für ein Praktikum. Zunächst arbeitet Tobias Kargoll als freier Journalist für Medien wie Juice, TAZ und eben Hiphop.de, bis er nach einigen Jahren bei dem Onlinemagazin Chefredakteur wird. Er ist fest davon überzeugt, dass in der Hip-Hop- Plattform noch mehr Potential steckt. 2012 gründet er sein eigenes Unternehmen ManeraMedia, unter dessen Dach er bis heute Hiphop.de herausgibt. „Fu und mir war von Anfang an wichtig, auch noch für weitere Konzepte offen zu sein, die gewisse Synergien mit dem Magazin haben“, erzählt Kargoll. Die Geschichte von Hiphop. de sei stets parallel zu der ständig fortschreitenden Digitalisierung gelaufen. „Es gibt keine Blaupause mehr dafür, wie man ein Magazin erfolgreich betreibt, weil die digitale Welt sich weiterentwickelt. Neue Plattformen mit eigenen Mechanismen ändern ständig die Art, wie man Menschen erreichen kann. Wie man sich finanziert, muss man auch immer neu erarbeiten.”


Tobias Kargoll setzt mit seiner Agentur ManeraMedia „Cultural Marketing“ um: Eine Marke wird in der Hip-Hop-Kultur verwurzelt, ohne sich Kultur anzueignen.

Tobias Kargoll fängt daher an, Bücher über Marketing zu lesen, um herauszufinden, wie man Journalismus im Internet am besten vermarktet. Seine Idee: Brands authentisch in den Content von Hiphop.de einzubinden wie z. B. die Automarke KIA. „Seinerzeit sind wir im Rahmen unseres Formats ‚Zeitreise‘ in einem KIA mit einem Rapper durch seine Stadt gefahren und haben die Stationen seiner Karriere besucht.“ Weitere Marken wie Snipes folgen, die mit ManeraMedia bzw. Hiphop.de zusammenarbeiten, um sich besser in der Zielgruppe platzieren zu können. Das Konzept hinter den Markenkooperationen von ManeraMedia nennt Tobias Kargoll „Cultural Marketing“. „Dabei ist es unsere Aufgabe, eine Marke organisch in der Hip-Hop- Kultur zu verwurzeln, so dass sie etwas beiträgt, statt sich Kultur anzueignen. Das begann mit Markenkooperationen für Hiphop. de und führte dazu, dass wir heute Marktforschung, Strategieentwicklung und Kampagnenumsetzungen anbieten, die weit über unser Magazin hinausgehen.“ Hip Hop beinhaltet nicht nur Musik, sondern auch Mode, Graffiti, Street Art und Tanz. Grundsätzlich funktioniere diese Kultur daher für fast alle Produkte. Und eine kauffreudige Zielgruppe ist offenbar ebenfalls vorhanden: Laut einer von YouGov durchgeführten Umfrage, identifizieren sich in Deutschland insgesamt 14,9 Millionen Menschen zwischen 12 und 49 Jahren mit der HipHop-Kultur, in der Generation Z sind es sogar 65 Prozent.


Neue Plattformen mit eigenen Mechanismen ändern ständig die Art, wie man Menschen erreichen kann.”

Daher liegt es für ManeraMedia auf der Hand, Hip Hop auch mit einer anderen Kultur zu verbinden, die mindestens genauso weitgreifend und längst Teil unseres Alltags ist: Fußball. Bei einigen großen internationalen Vereinen ist diese Verbindung längst etabliert. Paris Saint Germain (PSG) zum Beispiel lässt seine Trikots von Nike Jordan entwerfen und hat auch andere Kollabos mit Modemarken wie Bathing Ape. Der französische Verein Olympique Marseille aus einer Stadt, in der Hip Hop allgegenwärtig ist, betreibt sogar ein eigenes Rap-Label. So könne jeder Verein seinen ganz eigenen Anknüpfungspunkt zum Thema finden. ManeraMedia ist es nun gelungen, eine Kooperation mit dem Bundesligisten Borussia Dortmund zu realisieren. Für Tobias Kargoll, der nahe Dortmund aufwuchs, ist diese Zusammenarbeit eine Herzensangelegenheit. „Ich bin seit meiner Kindheit BVB-Fan und seit 2008 bei fast jedem Heimspiel. Es gibt eine neue Generation von Fußballfans, die sich primär über Spieler mit Fußball identifizieren. Der Sport konkurriert außerdem mit unzähligen Entertainment-Angeboten um die knappe Aufmerksamkeit. Darauf muss ein Fußballverein Antworten finden. Der BVB ist ein gesellschaftlicher Akteur. Da ist es naheliegend, sich auch mit Popkultur zu beschäftigen.”

Rapper Miami Yacine und Tobias Kargoll, hier auf der Tribüne des Signal Iduna Parks, verbindet nicht nur die Liebe zum Hip Hop, sondern auch zum BVB.


Videodreh zu "Classic" im Signal Iduna Park: Matthäus Franke, Creative Principal bei Borussia Dortmund (Mitte) und Julian Jammoul, Gründer und Geschäftsführer von grjnd.agency (ganz links).

Zur Ideenfindung hatten Tobias Kargoll und sein Team einen intensiven Austausch mit dem BVB. Ausschlaggebend war letztendlich eine angedachte Kooperation des Vereins mit dem Konzerthaus Dortmund, für die der BVB Akteur:innen aus den verschiedensten Kulturbereichen der Stadt zusammenbringen wollte. Mit Erfolg: Der Dortmunder Rapper Miami Yacine, der Geiger Sanjar Sapaev, Stimmführer der zweiten Geige der Dortmunder Philharmoniker, und Rap-Produzent Juh-Dee nahmen zusammen den Song „Classic“ auf. Im dazugehörigen Video übernehmen Kids der „Nordstadtliga“ die Hauptrolle: Bei dem sozialen Projekt trainieren und spielen 400 junge Menschen aus dem sozialen Brennpunkt Dortmunder Nordstadt, in dem der BVB gegründet wurde. Gedreht wurde daher vor Ort sowie im Konzerthaus und im Westfalenstadion; verantwortlich für das Video sind ManeraMedia-Partner grjnd. agency sowie Regisseur Julius Pfeiffer, die sonst Streetfashionund Rap-Videos produzieren. In Gastauftritten sind die BVBLegenden Marco Reus und Dédé zu sehen – und Miami Yacine, der ein zum Zeitpunkt des Video-Launches noch unbekanntes, schwarzgelbes Jersey trägt: Das offizielle Heimtrikot des BVB für die kommende Saison. Die Premiere des Videos im Mai fand nicht nur Beachtung in der Presse, sondern generierte zudem sechsstellige Aufrufe bei YouTube. Marius Happe, Head of Marketing bei Borussia Dortmund: „Wir wollen über den Fußball hinaus in der Lebensrealität unserer Fans und unserer Stadt stattfinden. Das bedeutet für uns eine Identifikationsfläche zu schaffen, die innerhalb von kulturellen Phänomenen ihren Platz findet.“ Das deckt sich mit dem von ManeraMedia konzipierten und realisierten Projekt, das die Kernwerte des Vereins transportieren möchte: Ehrlichkeit, Zusammenhalt, Glaubwürdigkeit. „Wir wollen neue Wege gehen, aber immer entlang unserer Werte. Deshalb freuen wir uns, für den Trikotlaunch mit Künstlern zusammenarbeiten zu können, die Dortmund repräsentieren, den BVB lieben und das in einem Song auf den Punkt bringen können”, so Marius Happe weiter. Tobias Kargoll ergänzt: „Es ging darum, den gemeinsamen Nenner zu zeigen: Das, was Hiphop, Miami Yacine, den BVB und die Nordstadtliga verbindet. Es ging um einen Song, der für Rap-Fans ebenso funktioniert, wie auf der Südtribüne.” Zu welchen Leistungen „Classic“ und das neue Trikot das BVB-Team beflügelt, wird die nächste Saison zeigen. •


Words: Katja Vaders
Pictures: Jannis Kersten, Melvyn Ivy, Mads Hesmert