The legend of the art academy
250 Jahre Kunstakademie, 250 Jahre Kunstgeschichte in Düsseldorf. Kaum eine Institution prägt die Stadt wie die weltberühmte Hochschule mit ihren weiten Fluren und großzügigen Ateliers und Werkstätten, die Künstler:innen wie Gerhard Richter, Andreas Gursky und Katharina Grosse hervorgebracht haben.
Ihr Anblick ist ehrwürdig, ihr Ruf weltberühmt, ihre Partys legendär. Die Kunstakademie prägt mit ihrem prunkvollen Neorenaissancebau nicht nur das Gesicht der Stadt, in ihren weitläufigen Ateliers wurde internationale Kunstgeschichte geschrieben. Der Institution an der Eiskellerstraße hat Düsseldorf seinen Ruf als Kunstmetropole zu verdanken – und seine kreative, freigeistige Szene. Junge Talente aus verschiedensten Ländern zieht es an den Rhein, um in einer der renommiertesten Kunstschulen des Landes Malerei, Bildhauerei oder Fotografie zu studieren, und das bereits seit dem 19. Jahrhundert. Damals begann mit der Kunstrichtung der Düsseldorfer Malerschule auch der Aufstieg zu einer international beachteten Kunstakademie, was wiederum auf viele junge Künstler:innen aus dem Ausland eine große Anziehungskraft ausübte. Das Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie gilt als eines der freisten. Unter den Absolvent:innen finden sich Weltkünstler:innen wie Gerhard Richter, Joseph Beuys, Katharina Sieverding, Günther Uecker und Andreas Gursky. Die Atelierklassen in den Bereichen Malerei, Malerei und Grafik, Bildhauerei, Fotografie, Bühnenbild, Grafik oder Film und Video werden von renommierten Künstler:innen geleitet. Aus ihnen gingen kunsthistorisch bedeutende Richtungen und international erfolgreiche Künstler:innen wie Tony Cragg, Katharina Grosse und Anselm Kiefer hervor, die teilweise selbst Professuren in Düsseldorf innehatten.
Lernen, Kunst zu denken.
2023 feierte die Kunstakademie Düsseldorf ihr 250-jähriges Bestehen mit zahlreichen Ausstellungen, Feierlichkeiten und Kunstaktionen in der ganzen Stadt. 1773 wurde sie von Kurfürst Carl Theodor als private Zeichenschule gegründet, die ab 1819 zur Königlichen Kunstakademie wurde. Bis ins 21. Jahrhundert wurde die Kunstakademie von einflussreichen Künstlern wie Markus Lüpertz geleitet, 1921 wurden erstmals Frauen zum Studium zugelassen. Heute steht mit der Rektorin Donatella Fioretti wieder eine Frau an der Spitze der Akademie. Für die italienische Architektin, die zwischen Venedig, Berlin und Düsseldorf pendelt und seit 2017 Baukunst an der Hochschule lehrt, ist die Hochschule ein Ort, um Kunst zu denken, Kunst zu machen, Kunst zu lehren, Kunst zu lernen. Der freie Geist und geschützte Raum der Kunstakademie macht sie zum Mythos. Die Student:innen können sich frei entfalten, in eigenen Ateliers und Werkstätten experimentieren. Highlight im Kunstkalender der Stadt ist der große ”Rundgang“ zum Ende des Wintersemesters, in der Studierende ihre Werke und Absolvent:innen ihre Abschlussarbeiten schließlich ausstellen. Ein Publikumsmagnet, der regelmäßig über 50.000 Kunstinteressierte nach Düsseldorf zieht. Werke von Absolvent:innen der Kunstakademie hängen nicht nur in Museen weltweit, sie erzielen auf dem Kunstmarkt Höchstpreise. Im März 2023 wurde bei Sotheby's in London Gerhard Richters Werk „Abstraktes Bild 596“ zu einem Preis von umgerechnet 27 Millionen Euro versteigert und unterstrich seine Stellung als einer der teuersten lebenden Künstler der Welt.
WELTWEITER EINFLUSS
Der Anspruch der Akademie: „Für unsere Studenten nur das Beste“. So steht es eingemeißelt vor der Eingangstreppe des Hauptgebäudes in der Eiskellerstraße. Bereits als erster Direktor der Akademie führte Peter Cornelius einen mehrstufigen Studiengang ein. Sein Nachfolger Wilhelm Schadow fügte die „Meisterklasse” hinzu. Aus dieser Zeit stammt auch das Prinzip, die Leitung der Akademie Künstler:innen zu übertragen. Nach dem ersten Ersten Weltkrieg wurden Klassen für Bühnenbild und Druckgraphik und die Architekturabteilung eingerichtet. Die „Säuberungswelle“ der Nationalsozialisten führte 1933 zurEntlassung vieler Dozenten, unter ihnen bekannte Namen wie Paul Klee und Ewald Mataré. Bis Kriegsende wehte die Hakenkreuzfahne über der Akademie, sie wurde von parteikonformen Lehrkräften geleitet, war von nationalsozialistischen Kunstvorstellungen geprägt und diente während des Krieges als Lager für Artillerie und Waffen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gewann die Akademie ihre bedeutende Stellung für die zeitgenössische Kunst zurück. In den 60er und 70er Jahren, mit Joseph Beuys im Mittelpunkt, war sie ein wichtiges Aktionszentrum, von dem viele Impulse auf junge Künstler:innen ausgingen. Düsseldorfer Künstlerkreise um Heinz Mack, Gerhard Richter und Günther Uecker spielten mit neuen Ideen und Bewegungen wie German Pop, ZERO und Fluxus – und mit dem Erweiterten Kunstbegriff. Spektakuläre Aktionen und Diskurse nahmen von Düsseldorf aus nicht nur Einfluss auf die Kunstwelt, sondern auch die Studentenbewegung der 1960er Jahre.
BEUYS BIS BECHER
Nach wie vor ranken sich Legenden um die Kunstakademie mit ihrem eindrucksvollen Gebäude und den riesigen Ateliers. Etwa dass die Düsseldorfer Kunstakademie Joseph Beuys 1946 ohne Schulabschluss als Studenten nicht hätte aufnehmen dürfen, wenn es nicht die eidesstattliche Falschaussage eines befreundeten Lehrers gegeben hätte. Legendär waren auch die damaligen Ateliers wie Raum 20, in dem in den 60ern unter der späteren, überaus einflussreichen Professur von Beuys die Künstler Katharina Sieverding, Blinky Palermo, Imi Knoebel und Jörg Immendorff arbeiteten. Ein Ausgangspunkt wichtiger künstlerischer Strömungen war auch die Foto-Klasse von Bernd Becher, der 1976 als erster Fotograf zur Professur berufen wurde. Gemeinsam mit seiner Frau Hilla unterrichtete Becher bis in die 90er die berühmte Becherklasse mit Schüler:innen wie Andreas Gursky, Candida Höfer, Thomas Ruff und Thomas Struth. Sie legte damit den Grundstein für die weltberühmte „Düsseldorfer Photoschule“. Ganz gleich ob Malerei, Bildhauerei oder Fotografie: Werke von Absolvent:innen der Kunstakademie sind bedeutend, befinden sich im Besitz internationaler Museen und privater Sammlungen, werden zu Höchstpreisen gehandelt und haben Düsseldorfs Identität und Ruf geprägt – als Kunstmetropole von Weltrang. •
WORDS KAROLINA LANDOWSKI
PICTURES KUNSTAKADEMIE