the 
miracle gas

Bis 2035 will Düsseldorf klimaneutral werden – hierzu könnte auch Wasserstoff einen Beitrag leisten. Er gilt als Energietalent. In einigen Projekten der Region wird daran gearbeitet, wie er sich ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll einsetzen lässt. 

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Er ist das leichteste und häufigste Element des Universums. Bei uns auf der Erde kommt er nur chemisch gebunden vor, zum Beispiel als Wasser, in Kohlenwasserstoffen wie Erdöl, Erdgas, Kohle oder Biomasse oder in anderen organischen Verbindungen. Weil er beim Verbrennen keine Abgase hinterlässt, eignet er sich gut als Ersatz für andere Energieträger in Industrie und Verkehr, aber auch für die Speicherung und Gebäudeversorgung. Wasserstoff wird daher oft als Wundergas bezeichnet – er könnte die Energiewende entscheidend mitgestalten. Zum echten Klimafreund, also zum „grünen Wasserstoff“, wird er aber erst dann, wenn er auch selbst mithilfe erneuerbarer Energien hergestellt wird.

Deutschland soll bei der Nutzung neuartiger klimafreundlicher Wasserstoff-Energie weltweit zum Vorbild werden.

Neben dem Klimaschutz sieht die Bundesregierung in der Wasserstofftechnologie auch eine Möglichkeit für mehr Wertschöpfung in Deutschland, für mehr Arbeitsplätze und für die Teilnahme an einem globalen Milliardenmarkt. Deutschland soll bei der Nutzung neuartiger klimafreundlicher Wasserstoff-Energie weltweit zum Vorbild werden. Im Juni 2020 hat das Bundeskabinett entsprechende Maßnahmen beschlossen. Hierzu zählen beispielsweise Fördermittel für Brennstoffzellen-Fahrzeuge, für Wasserstoff-Tankstellen und für die Erzeugung von Wasserstoff.

Auch in und um Düsseldorf tut sich was bei der Entwicklung der Wasserstofftechnologie – erst recht durch den im Juli 2019 gefassten ehrgeizigen Beschluss der Landeshauptstadt: Bis 2035 will Düsseldorf klimaneutral werden. Die „Kompetenzregion Wasserstoff Düssel.Rhein.Wupper“ wurde von den Kommunen Duisburg, Düsseldorf, Wuppertal sowie dem Rhein-Kreis Neuss, den Stadtwerken Düsseldorf, den Wuppertaler Stadtwerken und dem Unternehmen Air Liquide ins Leben gerufen. 2019 wurde sie bei einem NRW-weiten Wettbewerb als eine von drei Modellregionen für Wasserstoffmobilität ausgezeichnet. Ihr Ziel ist es, die Erzeugung, Verteilung und Anwendung von Wasserstoff im Mobilitätssektor voranzutreiben. „In diesem Bereich steigen die Emissionen eher statt zu sinken“, sagt Judith Litzenburger von den Stadtwerken Düsseldorf. „Hier möchten wir einen Beitrag dazu leisten, dass die Unternehmen und Privatpersonen auf klimafreundliche Alternativen umsteigen können.“

Angetreten für mehr Klimaschutz und Wertschöpfung: Das Team „DüsselRheinWupper“ hat den Landeswettbewerb zur Wasserstoff-Mobilität gewonnen.

Angetreten für mehr Klimaschutz und Wertschöpfung: Das Team „DüsselRheinWupper“ hat den Landeswettbewerb zur Wasserstoff-Mobilität gewonnen.

„wir möchten einen Beitrag dazu leisten, dass Unternehmen und Privatpersonen auf klima-freundliche Alternativen umsteigen können.“

Die aktuellen Zahlen: In der Kompetenzregion sind nach Angaben der Stadt Düsseldorf elf Busse und drei Abfallsammelfahrzeuge mit Brennstoffzellen-Antrieb im Einsatz. Weitere 19 Busse und acht Abfallsammelfahrzeuge sind für die nächsten zwei Jahre geplant. In Düsseldorf waren zum 1. Januar 2021 17 Pkw mit Brennstoffzellen-Antrieb zugelassen. In den anderen Kommunen der Region sind die Zahlen vergleichbar niedrig. 

Für die Kompetenzregion haben schwere Fahrzeugklassen jedoch größere Priorität, auch weil der Einsatz von Wasserstoff hier einen größeren Klimaeffekt haben dürfte. Konkret sind bis 2030 mindestens 140 Brennstoffzellenbusse und mindestens sieben Sonderfahrzeuge und bis 2025 bis zu 200 entsprechend ausgerüstete Lkw vorgesehen.

Mittlerweile haben 54 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen der Kompetenzregion ihr Interesse an der Wasserstoff-Wirtschaft signalisiert, haben zum Teil bereits Projektideen entwickelt und suchen nun nach Unterstützung oder Kooperationspartnern. Für einige Firmen hapert es noch an der Wirtschaftlichkeit. Die Stadt Düsseldorf nennt etwa die hohen Preise der Brennstoffzellen-Fahrzeuge, der Tankstellen-Infrastruktur und der Elektrolyse, also dem Herstellungsverfahren von Wasserstoff, bei dem Wasser unter Einsatz von Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird. „Die geringen Absatzzahlen der Fahrzeuge wiederum führen auch zu geringen Absatzerwartungen für den Wasserstoff“, sagt Volker Paulat, ein Sprecher der Stadt. Daher falle potenziellen H2-Erzeugern die Investitionsentscheidung für eine Elektrolyse-Anlage schwer. Die Stadtwerke Düsseldorf prüfen aktuell den Bau eines Elektrolyseurs am Standort Flingern, der mit dem Grünstrom des biogenen Anteils aus der Müllverbrennungsanlage betrieben wird. Mögliche Anwendungsfälle für diesen grünen Wasserstoff sind den Stadtwerken zufolge Busse, Müllsammelfahrzeuge und der Logistikbereich.

Wo neue Klimaschutzideen reifen sollen: der EUREF-Campus Düsseldorf

Wo neue Klimaschutzideen reifen sollen: der EUREF-Campus Düsseldorf

Ein Hauptrisiko von Wasserstoff ist seine leichte Entzündbarkeit. Wie man ihn als Energieträger sicher transportiert und speichert, ist daher eine von vielen weiteren Zukunftsfragen. Das Know-how hierfür hat zum Beispiel das Unternehmen Vallourec, das sich ebenfalls der Kompetenzregion angeschlossen hat. Es hat sich auf die Herstellung von Stahlrohren spezialisiert und unterstützt Energieversorger und die Industrie etwa beim Auf- und Ausbau von Tankstellennetzwerken oder Leitungen für den Wasserstofftransport. „Unsere nahtlosen Rohre verfügen über gute Eigenschaften bei der Erzeugung und Verteilung von Wasserstoff. Sie halten höchster Beanspruchung stand“, erklärt Dr. Dirk Bissel, Geschäftsführer von Vallourec Deutschland. Auch digitale Inspektions- und Überwachungstools, mit denen sich der Druck und die Temperatur in den Rohren überprüfen lassen, gehören zum Portfolio des Unternehmens.

Ähnlich wie die Kompetenzregion möchte auch die EUREF AG mit ihrem Innovationscampus in Düsseldorf möglichst viele Akteure aus der Energie- und damit auch der Wasserstoffwirtschaft miteinander vernetzen. Das Unternehmen betreibt bereits in Berlin einen solchen Campus – nach eigenen Angaben ein „Reallabor der Energiewende“. 

„NRW verfügt über eine exzellente und thematisch breit gefächerte Energieforschung.“

Die Wahl des zweiten Standorts ist für die Initiatoren nur folgerichtig: „NRW verfügt im Vergleich aller Bundesländer über die größte Dichte großer und kleiner energiewirtschaftlicher Unternehmen und über eine exzellente und thematisch breit gefächerte Energieforschung“, sagt Reinhard Hüttl, Geschäftsführer der EUREF-Energy Innovation GmbH. In Düsseldorf entsteht nun, zentral und verkehrsgünstig neben dem Flughafen gelegen, ein nach innen gerichteter, grüner Campus mit Solarglasdach und Gasometer-Kuppel. Eine Umgebung, in der Unternehmen, Start-ups und Forschungseinrichtungen zusammenkommen sollen, um an der Mobilität der Zukunft zu arbeiten. Wichtig seien hierbei auch der Diskurs mit der Gesellschaft und das Thema Nachwuchsförderung, sagt Hüttl. So werden am Campus auch Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Handwerk und Unternehmen sowie neuartige Studiengänge geschaffen. Erste Nutzer sollen Anfang 2023 einziehen. •

www.kompetenzregion-wasserstoff-drw.de
duesseldorf.euref.de


Words Elena Winter
Pictures PR