Game on!

Mit der Eröffnung des „Fusion Campus“ in Düsseldorf stärkt NRW seine Position als führender Games-Standort. Geschäftsführerin Stefanie Waschk erklärt VIVID, warum die Gaming-Industrie viel besser ist als ihr Ruf und wie sie Innovationen in allen Wirtschaftszweigen vorantreiben kann. 

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Die Gaming-Industrie wird durchaus kontrovers diskutiert: Während Kritiker das Aggressionspotential einiger Spiele sowie die Suchtgefahr für Kinder und Jugendliche bemängeln, entdecken immer mehr Nutzer die positiven Effekte von Lern- oder Entertainmentspielen. Die Branche boomt jedenfalls. Im Corona-Jahr 2020 stiegen die Umsätze allein in Deutschland auf insgesamt 8,5 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr waren das 32 Prozent mehr. Auch die Landesregierung setzt bereits seit vielen Jahren einen Schwerpunkt auf die Branche der Games-Entwicklung und unterstützt nun den Aufbau eines neuen Kompetenzzentrums, dem „Fusion Campus“. Das wirkt auf den ersten Blick vielleicht etwas ungewöhnlich, bei genauerem Hinsehen wird allerdings schnell klar, dass die Branche viel mehr zu bieten hat, als sich der Laie vorzustellen vermag. 

Der im Juli eröffnete „Fusion Campus“, der neben dem Land NRW als Förderer noch die Gesellschafter Gladstone Capital und Ubisoft Blue Byte mit ins Boot geholt hat, sieht sich als eine Art Beratungsstelle, die bundesweit die Gaming- und Entertainmentbranche mit anderen Wirtschaftszweigen vernetzen möchte. 

Zur Eröffnung des Fusion Campus im Juli war auch NRW Ministerpräsident Armin Laschet anwesend. Bereits seit 2017 setzt die Landesregierung einen Schwerpunkt auf die Branche der Games-Entwicklung und unterstützt nun den Aufbau des neuen Zentrums über drei Jahre mit einer Fördersumme in Höhe von 750.000 Euro. 

Zur Eröffnung des Fusion Campus im Juli war auch NRW Ministerpräsident Armin Laschet anwesend. Bereits seit 2017 setzt die Landesregierung einen Schwerpunkt auf die Branche der Games-Entwicklung und unterstützt nun den Aufbau des neuen Zentrums über drei Jahre mit einer Fördersumme in Höhe von 750.000 Euro. 

Die Koordination des Ganzen übernimmt Stefanie Waschk, Geschäftsführerin und Hauptgesellschafterin des „Fusion Campus“, die auf über 20 Jahre Erfahrung in der Gaming-Industrie zurückblicken kann. „Dabei bin ich eigentlich gar kein Digital Native. Ich habe Mathematik mit dem Schwerpunkt Wirtschaftswissenschaften studiert, komme also nicht aus dem IT-Bereich. Ursprünglich wollte ich ganz seriös in einer Bank arbeiten“, lacht sie. Ihr erster Job als Projektleiterin in der Gamesbranche sollte dementsprechend nur ein kurzer Abstecher sein. „Ich war aber direkt schockverliebt in die Branche mit ihren unterschiedlichen Menschen und Mindsets. Man konnte ständig Neues lernen – angefangen von Technologien bis hin zu Geschäftsmodellen. Das hat mich fasziniert. Ich habe dann selbst das Programmieren gelernt und viele Jahre als Standort- und Projektleitung gearbeitet: für die Entwicklung von Projekten unterschiedlicher Plattformen und den internationalen Markt.“ 


„Damals war ich noch so etwas wie der Paradiesvogel, inzwischen machen aber viele grosse Unternehmen Gamification.“


Nach elf Jahren wechselte sie die Seiten und leitete mehrere Landesprojekte, darunter Engage.NRW, das sich als Schnittstelle zwischen Software-Entwicklern und Unternehmen verstand. „Damals war ich noch so etwas wie der Paradiesvogel, inzwischen machen aber viele große Unternehmen Gamification“, erklärt Stefanie Waschk. Gamification – was bedeutet das überhaupt? „Gamification ist das, was Unternehmen der verschiedensten Wirtschaftszweige aus der Gaming-Industrie lernen können, indem sie Spieledesign-Elemente oder Motivationsdesign etc. im Nicht-Spiele-Kontext einsetzen“, erklärt Stefanie Waschk. Facharbeiter nutzen beispielsweise Virtual Reality, kurz VR, um zu lernen, wie man eine Maschine bedient. Oder sie veranschaulicht Assistenzärzten und Studenten komplexe Operationsverfahren. „Dahinter stehen wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Hirnforschung, Psychologie oder den Kognitionswissenschaften“, so Stefanie Waschk. Aber es gibt noch mehr Anwendungsgebiete von Gaming-Know-how in Unternehmen: 

  • Schulungen für Mitarbeiter, wie „Firefighter VR“, einem Trainingsprogramm für Feuerwehrkräfte, in dem sie Gefahrensituationen oder Reanimationen in einem sicheren Raum lernen können. 

  • Um ihren Mitarbeitern die IT-Sicherheitsrichtlinien näherzubringen, wurden in vielen Unternehmen Anwendungen entwickelt, in denen man die oft sehr kompliziert formulierten Regeln spielerisch verstehen kann und umzusetzen lernt. 

  • Im Bereich Gesundheit setzt man immer mehr auf Gamification. Für Reha-Patienten gibt es beispielsweise spielerische Lösungen, die sie motivieren, die zur Rehabilitation nötigen Übungen auch über einen längeren Zeitraum durchzuführen.

Stefanie Waschk ist Geschäftsführerin und Hauptgesellschafterin des „Fusion Campus“. Sie kann auf über 20 Jahre Erfahrung in der Gaming-Industrie zurückblicken kann.

Stefanie Waschk ist Geschäftsführerin und Hauptgesellschafterin des „Fusion Campus“. Sie kann auf über 20 Jahre Erfahrung in der Gaming-Industrie zurückblicken kann.

Auch in der Forschung oder Bildung ist Gamification zum wichtigen Faktor geworden – VR macht selbst die trockensten Themen spannend. Und Städteplanung und Architektur nutzen das Know-how der Gaming-Industrie, um zukünftige Projekte in 3D nachzubauen und erlebbar zu machen. Stefanie Waschk ist sich sicher, dass Gamification aus unserem Alltag bald nicht mehr wegzudenken sein wird. Daher möchte der „Fusion Campus“ Netzwerkarbeit leisten, um Synergien zwischen der Gaming-Industrie, jungen wie alteingesessenen Unternehmen und der Wissenschaft herzustellen. Dazu kommen strategische Projektberatung, Potentialanalysen, die Chancen und Risiken aufzeigen. „Wir bieten ein Werkzeug, das richtig eingesetzt sehr viel bringen kann. Dazu entwickeln wir Business Cases, definieren Erfolgsfaktoren. Wir kennen die Branche und wissen, wo wir passende Experten finden, unterstützen bei Ausschreibungen oder Pitches oder fungieren als Dolmetscher und Moderator zwischen den kreativen und sehr technikaffinen Dienstleistern und den Unternehmen. Letztendlich möchten wir vor allem die Nöte und Bedürfnisse des jeweils anderen sehen und vermitteln, damit von Strategie und Idee bis zur Umsetzung alles gut über die Bühne geht.“ Um all dies gewährleisten zu können, hat sich der „Fusion Campus“ in den Räumlichkeiten von Mitgesellschafter Ubisoft Blue Byte eingemietet, in denen man die Infrastruktur des Computerspieleentwicklers mitnutzen kann. Neben der Beratung von mittelständischen Unternehmen und Konzernen liegt ein weiterer Fokus des „Fusion Campus“ auf Start-ups. Dazu hat man ein Programm entwickelt, das nicht nur Gaming-Teams, sondern auch junge Unternehmen mit innovativen Projektideen an der Schnittstelle zu anderen Wirtschaftszweigen fördert. „Wir hoffen, dass wir viele deutsche, aber auch internationale Nachwuchs-Teams rekrutieren und unterstützen können“, so Stefanie Waschk.

Der „Fusion Campus“ ist ein Leuchtturmprojekt, mit dem der Innovationstransfer zwischen den unterschiedlichen Branchen zum ersten Mal institutionalisiert wurde. „In NRW haben wir den Vorteil, dass hier extrem viel Industrie ansässig ist. Dazu kommen zahlreiche Universitäten, an denen man fachspezifisch das Know-how für Gaming studieren kann: Das sind Standortfaktoren, die an anderen Stellen nicht so leicht zu reproduzieren sind! Unabhängig vom Hauptsitz in Düsseldorf werden wir aber bundesweit tätig sein!“ •


Fusion Campus
German Center Of Games Competence
Luise-Rainer-Str. 7
40235 Düsseldorf 
www.fusioncampus.de

 

Words Katja Vaders
Pictures iStock, Fusion Campus, Silvia Reimann