Health is the new wealth
Für eine OP an den Rhein: Düsseldorf gilt als Top-Destination für internationale Gesundheitstouristen. Ein Millionengeschäft. Zahlreiche Kliniken, Ärzte und Agenturen haben sich auf den wachsenden Wirtschaftszweig spezialisiert.
Rund 2.000 niedergelassene Ärzte, mehr als ein Dutzend Fachkliniken und die weltweit führende Gesundheitsmesse Medica: Düsseldorf genießt weltweit einen exzellenten Ruf als Medizin-Standort. Das zieht sehr viele Gesundheitstouristen in die Stadt – vorrangig Patienten aus Golf- oder GUS-Staaten. Neben München und Berlin gilt Düsseldorf mit seinen international renommierten Professoren deutschlandweit als beliebtester Standort für medizinische Behandlungen. Die Klientel sind zum Beispiel Botschaftspatienten, bei denen Heimatbehörden die Kosten übernehmen, oder Selbstzahler wie wohlhabende Oligarchen und Scheichs. Was Düsseldorf besonders attraktiv macht: Es gibt eine große Bandbreite an medizinischen Behandlungen auf kleinstem Raum. Dazu eine attraktive Innenstadt mit zahlreichen Luxusgeschäften in fußläufiger Nähe erstklassiger 5-Sterne-Hotelerie. Gerade Patienten aus den Golfregionen verbinden einen Aufenthalt in der Stadt mit Sightseeing, Shopping und ihrem Sommerurlaub und nehmen oft gleich die ganze Familie als seelische Unterstützung mit.
„Die deutsche Hochleistungsmedizin genießt im Ausland einen hervorragenden Ruf“
Neben der Düsseldorfer Uniklinik werden Privatkliniken und -praxen konsultiert. Im Vordergrund vieler internationaler Patienten steht der zügige und unkomplizierte zeitliche Ablauf der Untersuchungen sowie die Anwendung modernster Untersuchungstechniken. „Die Patienten legen Wert auf Professionalität und Qualität. Die deutsche Hochleistungsmedizin genießt im Ausland einen hervorragenden Ruf – davon profitieren wir als Behandler“, bestätigt der Dermatologe Prof. Dr. Arne Gerber, der in Oberkassel viele internationale Patienten mit Hautkrebserkrankungen behandelt – sowohl operativ als auch weniger invasiv. „Deutschland ist ein Land mit Spitzenmedizin und sehr hohen medizinischen Standards. In vielen Ländern werden unsere Standards bei Weitem nicht erreicht“, sagen Dr. M. Goldnau und A. Shahzad vom Düsseldorfer Cardio Health Centrum am Neuen Zollhof. Nicht nur das Vertrauen in die deutsche Medizin ist groß, es gilt als chic sich im Ausland behandeln zu lassen.
Generell unterscheidet man zwei Gruppen von Gesundheitstouristen: Geschäftsleute, die zunehmend Geschäftsreisen mit einer medizinischen Versorgung kombinieren, und Patienten, die speziell für eine medizinische Behandlung anreisen. Das können komplizierte Eingriffe sein, Operationen, die in ihrem Heimatland nicht möglich sind, oder eine umfassende Krebsbehandlung. Düsseldorf gilt in Europa auch als die „Hauptstadt der Schönheitschirurgie“. Ein Trend: Waren es früher hauptsächlich Frauen, die plastische Eingriffe in Anspruch nahmen, legen sich immer mehr Männer unters Messer. Nicht nur bei plastischer Chirurgie, sondern auch für die Behandlung von schweren Missbildungen sind hier Spezialisten am Werk. Weitere Schwerpunkte sind die Lasermedizin und die ästhetische Dermatologie.
„Unsere internationalen Patienten erwarten Medizintechnik und Diagnostik auf höchstem technischem Niveau.“
Nachhaltig investiert wird vor allem in Vorsorge. Immer mehr in Anspruch genommen werden medizinische Check-Ups mit High-Tech Geräten, die einige Düsseldorfer Praxen anbieten. Die Privat-Praxis Radprax sogar in unmittelbarer Nähe zum Flughafen. „Unsere internationalen Patienten erwarten Medizintechnik und Diagnostik auf höchstem technischem Niveau und das exzellente Know-How unserer Ärzte“ sagt Standortleiterin Anna Kobrya. Auch das Ambiente sei den Patienten wichtig. Dass auf die Mentalität eingegangen und bei der Suche nach Hotel, Dolmetscher und Visumbeantragung unterstützt werde, davon werde ausgegangen. „Wenn sie schon den weiten Weg auf sich nehmen und sich einen so umfangreichen Ganzkörper-Check-up leisten, dann soll alles perfekt organisiert sein“, so Kobrya. Für Gesundheitstouristen sei es kein Thema, dass sie die hohen Kosten für den Vorsorge-Tages-Check-up mit einstündiger Ganzkörper-MRT-Untersuchung selbst bezahlen müssen. Geld spiele keine Rolle.
Hilfe bei der Unterbringung, Transport- und Chauffeurservice, gute Erreichbarkeit und weiterführende Betreuung auch nach der Behandlung – spezielle Agenturen wie die MedProm oder Elinor Travel haben sich auf die Rundum-Betreuung internationaler Patienten spezialisiert. Das Angebot reicht von der Organisation eines speziellen Gesundheitsvisums, über die Übersetzung und Übermittlung der Patientenakte an die deutschen Ärzte bis zur Reiseorganisation und Erstellung eines Rahmenprogramms. Die Patienten werden vor Ort persönlich und sehr diskret betreut. Werbung bedarf es nicht. Die Patienten sind gut vernetzt, Agenturen und Ärzte werden im den Heimatländern über Mund-zu-Mund-Propaganda weiterempfohlen. Vordergründig geht es in dem Geschäft um Vertrauen.
Gerade arabische Patienten wünschten sich neben der neuesten High-Tech-Medizin vor allem eine Behandlung mit Herz und Seele, bei der der Mensch im Mittelpunkt stehe. „Wir möchten den Patienten ein Stück Heimat in einem fremden Land geben“, sagt Khadija Miri, die als Assistentin des Ärztlichen Direktors das Patientenmanagement Middle East in der Clinic Bel Etage betreut und daneben als Dozentin für interkulturelle Verständigung an der Uniklinik Düsseldorf tätig ist. Dass sich jemand rundum gut aufgehoben fühle, dass seine Sprache gesprochen werde, trage laut Miri erheblich zur Genesung bei. Wie viele arabische Patienten genau in Deutschland behandelt werden, ist sehr schwer einzuschätzen, weil die Golfaraber die Behandlung meist mit einem mehrwöchigen Sommeraufenthalt verbinden und die Reise deshalb nicht als medizinisch motiviert deklarieren. Patienten aus den GUS-Ländern verbringen im Schnitt nur einige Tage in der Destination und reisen mit einer Begleitperson an. Arabische Patienten verweilen dagegen mehrere Wochen und nehmen im Schnitt drei weitere Personen mit. Auch wenn durch die Corona Pandemie und damit verbundene Reisebeschränkungen sehr viele Eingriffe verschoben wurden, rechnen die Experten mit einem starken Wachstum des Health Tourism. Und mit China steht schon der nächste Markt in den Startlöchern. Denn immer mehr Chinesen kommen zu Wohlstand, wollen reisen, ihre Gesundheit erhalten und dem exzellenten Ruf der deutschen Medizin folgen. Länderübergreifend gilt Health ist the new wealth.•
Three questions for Dr. Murat Dağdelen
Vizepräsident der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland e.V. (GÄCD) und Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie sowie Gründer und Ärztlicher Direktor von DiaMonD Aesthetics. Welche
Auswirkungen hat die Pandemie auf die Behandlung internationaler Patienten?
„Durch die Pandemie kommen aktuell etwas weniger Patienten aus dem Ausland zu uns. Viele haben Bedenken vor einer drohenden Quarantäne oder einer kurzfristigen Absage des geplanten Eingriffs. Dennoch erhalten wir sehr viele Beratungsanfragen, denn viele Patienten informieren sich jetzt per Videosprechstunde, um die jeweilige Behandlung dann direkt nach der Pandemie durchführen zu lassen.“
Worauf legen internationale Patienten generell bei der Behandlung wert?
„Zunächst spielt die Reputation des Arztes natürlich eine große Rolle und dementsprechend erwarten die Patienten eine sehr hohe Behandlungsqualität. Zudem möchten sie oft bei der Planung – z.B. der Suche nach einer Beherbergung – unterstützt werden. Bei uns arbeiten zum größten Teil mehrsprachige Angestellte, was bei der Planung und der Abstimmung mit dem Patienten sehr komfortabel ist.“
Gibt es bestimmte Tendenzen, Trends oder neue Behandlungsmethoden, die speziell von internationalen Gästen in Anspruch genommen werden?
„Internationale Patienten kommen besonders häufig zu uns, um sich Nasenoperationen oder Brustvergrößerungen zu unterziehen. Oft werden sie via Social Media auf OP-Ergebnisse von anderen Patienten aufmerksam und wünschen sich ein ähnliches Ergebnis. Bei schlanken Frauen, die sich einen voluminöseren Po wünschen, liegt aktuell die Aquafilling-Behandlung sehr im Trend. Aktuell erhalten wir auch viele Anfragen von asiatischen Patienten, die sich eine Behandlung der Oberlider sowie eine Verschmälerung des Gesichts unterziehen möchten.“ •
Words: Karolina Landowski
Pictures: PR, Dermatologie Luegplatz, Radprax, Clinic Bel Etage, Diamond Aesthetics