Die Entschlossene
Harte Arbeit, jede Menge Selbstdisziplin und eine klare Trennung von Beruf und Familie haben Anja Metzger in ihrer Karriere durch verschiedene Finanz-institute begleitet. Wir haben die Vorstandschefin der Laureus AG auf
einen Kaffee im Nooij Dutch Deli getroffen.
Anja Metzger trinkt ihren Kaffee am liebsten schwarz. Ohne Milch und ohne Zucker. Bisher war sie noch nie im Nooij Dutch Deli am Tanzhaus NRW, ein paar Hundert Meter von ihrer Arbeitsstelle in der Ludwig-Erhard-Allee hinter dem Hauptbahnhof entfernt. Eine ausgiebige Mittagspause auswärts – dazu komme sie viel zu selten, erzählt sie. Im gegenüberliegenden Capitol-Theater stehen Jecken Schlange.
Anja Metzger trägt einen schwarzen Blazer, dazu eine schwarze Hose – klassisches Business-Outfit, die Haare sind perfekt frisiert, das Gesicht perfekt geschminkt. Man sieht ihr nicht an, dass sie vor einigen Stunden noch mit ihren Mitarbeitern Karneval gefeiert hat. „Ab 11.11 Uhr feiern wir mit den Kollegen in der Kantine immer eine kleine Party“, erzählt sie und fügt hinzu: „Vorhin war ich noch als Matrose verkleidet.“
Metzger ist Jahrgang 1971 und Vorständin der Laureus AG, einer Tochter der Sparda-Bank West. „Als ich 2013 in diese Position kam, kam das Wort gerade neu in den Duden.“ Das klinge seltsam, sagt sie, das Wort. Klar seien Frauen in Führungspositionen, insbesondere in der Finanzbranche, immer noch selten. „Für mich war es immer normal“, ergänzt sie.
Das glaubt man gerne, ist ihr Karriereweg doch das, was man üblicherweise als geradlinig bezeichnet. Geboren und aufgewachsen in Mönchengladbach, macht sie zunächst eine Banklehre bei der WGZ Bank, der heutigen DZ Bank in Düsseldorf, doch sie bleibt nicht lange. „Ich wollte an die Front“, begründet sie ihren Weg in die Volksbank Erkelenz, zunächst als Kundenberaterin. Nächste Station: die Raiffeisenbank in Heinsberg, um dort zunächst eine Geschäftsstelle zu leiten und sich dann auf vermögende Kunden zu spezialisieren.
Nebenbei macht sie eine Ausbildung zur Finanzplanerin. In der Rheinischen Post liest sie, dass die Sparda-Bank ein neues Unternehmen gründen will – Beratung für vermögende Kunden, der Name stehe noch nicht fest. Anja Metzger springt sofort darauf an. „Die Sparda wollte damals genau das neu aufbauen, was ich in meiner Ausbildung zum Finanzplaner gelernt hatte“, erzählt sie. Sie bewirbt sich und gehört wenig später zu den ersten vier Beraterinnen der neu gegründeten Laureus AG. Das Geschäftsmodell: Finanzberatung für vermögende Privatkunden. „Wir richten uns an Menschen mit einem Vermögen ab 250.000 Euro oder einem Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 100.000 Euro pro Jahr“, erklärt Metzger den Ansatz. Bei anderen Banken fange ein solcher Beratungsansatz erst ab einer Million Euro Vermögen an, erklärt sie und fügt hinzu: „Mehr als 90 Prozent unserer Kunden sind auch Kunden der Sparda-Bank.“
Laureus wächst schnell und Metzger steigt auf. Sie übernimmt die Regionalleitung Nord, leitet wenig später den gesamten Vertrieb. Dann wird 2013 plötzlich der Vorstandsposten frei, weil der bisherige Chef in die Zentrale wechselt. „Ich war total überrascht, als sie mich gefragt haben.“ Sie sagt zu. Seitdem führt sie das Unternehmen gemeinsam mit Co-Geschäftsführer Jürgen Albrecht. Die Aufgaben sind klar verteilt: Sie kümmert sich um den Vertrieb, er um Juristisches und Organisation.
Metzgers Führungsstil: „Ich sehe mich als Mediatorin und Richtungsweiserin: Kunden noch zufriedener zu machen, Interessen der Mitarbeiter berücksichtigen und gleichzeitig das Ziel der Mutterfirma verfolgen, nachhaltig erfolgreich zu sein, da muss ich die Enden zusammenhalten“, macht sie deutlich. In einer Welt, in der es viele Wege zum Ziel gebe, könne sie vor allem eins: eine Richtung vorgeben.
Es sieht so aus, als ob sowohl das Zusammenspiel der Führungskräfte als auch die Arbeit im Team gelingt: Die Laureus AG betreut derzeit rund 4.000 Kunden und ein Volumen von mehr als einer Milliarde Euro. Seit 2013 ist das Unternehmen auch als Versicherungsmakler tätig. Das Team wuchs seitdem um weitere sechs Mitarbeiter – mittlerweile arbeiten dort 37 Menschen.
Wie sich ihr Aufgabenfeld in den vergangenen fünf Jahren verändert hat? „Es kommen ständig neue Themen hinzu“, so Metzger. Neue Regularien führen zu neuen Prozessen, die eingeführt werden müssen. Das Niedrigzinsumfeld erfordere neue Produkte und Dienstleistungen für die Kunden, neue Kooperationen müssen verhandelt werden – die Bankerin blüht richtig auf, als sie von ihrem Arbeitsalltag erzählt. Auch wenn der Kundenkontakt weniger geworden ist, hin und wieder gehe sie immer noch mit in die Gespräche. Auch für die Bodenhaftung und um ihre Mitarbeiter besser zu verstehen.
Wer nach Anja Metzger googelt, wundert sich über die wenigen Treffer zu ihrem Namen. Das hat einen Grund: „Ich habe im vergangenen Jahr geheiratet und den Namen meines Mannes angenommen.“ Kurz gezögert habe sie, erzählt sie, gerade weil sie mit Welz, ihrem alten Namen, Karriere gemacht habe. „Es hätte sich komisch angefühlt“, begründet sie den Namenswechsel.Die Entscheidung passt zu der Frau, die dazu übergegangen ist, ein Leben in zwei Welten zu führen. „Ich versuche seit ein paar Jahren, klar zwischen Beruf und Familie zu trennen“, sagt sie.
Die eine Welt ist in Düsseldorf. Dort arbeitet Metzger wochentags bis in den Abend hinein. Danach studiert sie. „Es hat mir sehr geholfen, dass ich das Bankgeschäft von der Pike auf gelernt habe.“ Trotzdem sei es notwendig geworden, mit über 40 noch ein Studium zu machen. „Ich habe gemerkt, dass mir der ganzheitliche Management-Blick gefehlt hat.“ Deshalb habe sie 2016 das Studium an der Akademie der Deutschen Genossenschaftsbanken in Montabaur aufgenommen. Mittlerweile schreibt sie an ihrer Abschlussarbeit. Thema: „Variable Vergütungssysteme im Private Banking“. Dabei geht sie der Frage nach, wie Bankberater leistungsorientiert vergütet werden können, ohne dass Interessenkonflikte gegenüber den Kunden entstehen. Dabei ist es wichtig, dass sie ein auskömmliches Grundgehalt bekommen und nicht auf Provisionen angewiesen sind. „Das beschäftigt uns ja auch hier bei der Laureus AG.“
Anfangs sei sie unter der Woche abends nach Hause gependelt, erzählt sie. Doch die Staus wurden ihr zu viel, sodass sie sich eine kleine Wohnung genommen habe: eine „Schlafwohnung“, nicht weit vom Büro entfernt. Die andere Welt von Anja Metzger ist Hückelhoven im Kreis Heinsberg. Dorthin taucht sie am Wochenende ab, denn ihr Mann und seine beiden Söhne leben dort. „Das Wochenende gehört der Familie“, erklärt sie. Dafür nehme sie in Kauf, dass es unter der Woche abends länger werde, weshalb sie auch von Düsseldorf selbst wenig mitbekomme. „Ich habe hier noch kein Lieblingscafé oder -restaurant“, sagt sie. Fußballspiele der Jungs, lange Spaziergänge, Fahrradfahren – das genieße sie am Wochenende, dabei kann sie entspannen und Kraft tanken für die Woche in Düsseldorf.
Trotzdem hat sich auch ihr Leben in Düsseldorf 2017 noch einmal verändert. Seit dem Sommer wohnt sie in einer Eigentumswohnung in Heerdt. Die Nähe zu Oberkassel gebe ihr nun schon eine andere Lebensqualität, schwärmt sie. Seitdem sie dort wohnt, fährt sie gerne mit der U-Bahn zur Arbeit. Der Weg über die Oberkasseler Brücke, mit dem Panorama von Düsseldorf vor Augen, das habe schon was, findet sie. „Ich freue mich auf die Sommerabende am Rhein mit einem guten Buch.“ Dann darf es vielleicht auch mal wieder ein Roman und kein Fachbuch sein. ●
Text: Franziska Bluhm
Fotos: Judith Wagner