Die Kunstfabrik des Bildermachers

Tim Berresheim ist Künstler, er nennt sich Bildermacher, arbeitet jedoch nicht mit Pinsel oder Stift, sondern am Computer. Er arbeitet in einem Raum, der keine räumliche Begrenzung hat. Gerade für die Office-Gestaltung der Zukunft ist die Idee von „Kunst am Bau“ besonders interessant.

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Meine Freiheit wird größer, wenn man mir einen Korridor schnürt.

Der in Aachen lebende Familienvater produziert nicht nur Kunst, die in Galerien und Museen weltweit gezeigt und verkauft wird, sondern ist auch Geschäftsführer einer Art Kunstfabrik.

„Die Studios New Amerika sind ein Unternehmen mit unterschiedlichsten Geschäftsfeldern. Die Studios kümmern sich um das Administrative. Um die Kunstproduktion, die sich um meine Person dreht, und natürlich haben sie auch immer das Invest im Auge. Was braucht man, um die Kunst so zu produzieren, wie ich sie produziere? Denn wir reden hier unter anderem über Render-Zeiten von einem sehr hohen technischen Invest. Wir machen aber nicht nur Kunst, die man in Museen, auf Messen und in Galerien sehen kann. Wir gestalten Bühnen, Schaufenster, Modelinien, entwickeln Augmented-Reality-Apps. Unsere Projekte haben das Ziel, maximal identitätsstiftend und leicht konsumierbar zu sein. „Kunst am Bau“ ist so ein Ding. Diese Projekte sind vom ganzen Team inspiriert“, erläutert Berresheim seine Arbeit.

Seine „Kunst am Bau“-Projekte sind meist Auftragskunst. Der Ablauf kann zum Beispiel folgender sein: Ein Unternehmen kontaktiert Studios New Amerika mit dem Wunsch, dass sie einen Raum oder eine Wand innerhalb des Unternehmens gestalten. Da beginnt dann die Arbeit der Studios. Berresheim und sein Team gehen, mit einem Laserscanner im Gepäck, in das Unternehmen. Der gesamte zu bespielende Raum wird vermessen. Inspiriert durch Gespräche mit den Angestellten, eine intensive Auseinandersetzung mit den örtlichen Gegebenheiten und Aspekte aus dem Kontext der Kunstgeschichte, entwickelt Berresheim ein Kunstwerk. „Zu sagen: ‚Wir machen dir eine Tapete und die kostet folgende Summe“, ist nicht unser Ding. Wir machen mit Beginn der ersten Skizze alle Prozessetransparent. Wir arbeiten zusammen, zeigen jede Woche, wo wir stehen. Feedback ist uns extrem wichtig. Es gibt ja in der Kunst immer noch das Ding, dass Feedback unerwünscht ist, der Künstler muss ja maximal autonom sein, das ist bei uns aber nicht so. Meine Freiheit wird größer, wenn man mir einen Korridor schnürt“, sagt Berresheim.

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Den Studios New Amerika ist es wichtig, dass man den Entstehungsprozess des Kunstwerks verfolgen kann. Gerade bei der digitalen Kunst ist die Entwicklungsgeschichte eines Bildes schwer vermittelbar. Sie lassen die Menschen an den Prozessen teilhaben, zeigen auf, wie viel Arbeit und Mühe dahintersteht, wie viele unterschiedliche Tools benutzt werden, bis das Ergebnis vorzeigbar ist. So kann man dann auch den Preis nachvollziehen, der dahintersteckt.

Der 43-Jährige sieht sich dank der Studios in einer Luxussituation, er kann konzentriert arbeiten, während andere E-Mails beantworten und komplexe Dinge 
vorbereiten und bearbeiten. Die Studios New Amerika liefern Berresheim eine Plattform und Spielwiese für diverse Ausdrucksformen. Zum Beispiel gestaltete er 2017 eine der drei Bühnen des Düsseldorfer Musikfestivals Open Source, das jährlich auf der Grafenberger Galopprennbahn stattfindet. Multidimensionalität ist das Stichwort. Der Ort spielt genauso eine Rolle wie die Realität, die man an diesem Ort vorfindet und die Möglichkeiten, daraus weitere Dinge zu gestalten. Wie kann man die Kunst weiterentwickeln und auf andere Dinge übertragen? Berresheims computergenerierte Werke gehen über die klassische Flachware, die man in Galerien findet, hinaus.

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Der Ort spielt genauso eine Rolle wie die Realität, die man an diesem Ort vorfindet.
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„Neben der Möglichkeit der Tapete interessieren mich natürlich auch raumgreifende Installationen, wo wir dann aus dem Formenrepertoire der Tapete, der Idee der Kunst folgend, am Tafelbild arbeiten. Ich bin auch sehr daran interessiert, den Impuls weiterzuentwickeln. Wir nehmen auch Schallplatten auf, die zu der Rauminstallation passen, wir entwickeln Apps, die mit den Kunstwerken und der gestalteten Wand interagieren. So habe ich auch die Möglichkeit, neben dem rein bespielten Raum Editionen herauszuziehen und in die Büros zu integrieren“, beschreibt der Aachener seine Arbeit.

Mit einer 3D-Brille kann man das Kunstwerk auf eine ganz neue Art erleben. Die von den Studios New Amerika produzierte App trägt zur Kunstvermittlung bei und erklärt unter anderem bildlich den dreidimensionalen Ursprung der Wand- und Tafelbilder. Gegenstände entschweben dem Wandbild, fliegen umher, man flaniert durch die von Berresheim am Computer generierte Kunstwelt. Gerade für das Thema New Work ist diese Art der Kunst besonders interessant. Welcher Arbeitnehmer würde sich nicht wünschen, bevor er sich an seinen Job macht, durch eine dreidimensionale Kunstwelt zu promenieren?

Wie sagte Berresheim so schön, die von den Studios produzierte Kunst soll maximal identitätsstiftend und leicht konsumierbar sein. Quasi im Vorbeigehen Kunst konsumieren – die, ohne dass man darüber nachdenkt, einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. ●


Autor: Britt Wandhöfer
Fotos: Robert Eikelpoth