Gründer mit großen Visionen
Mehr als 250 Start-ups sind in und um Düsseldorf zu Hause. Zwischen Hellerhof und Angermund bietet die Szene große Expertise in vielen Branchen. Die Szene ist vielfältig: Drei Stadtteile, drei Branchen und drei Ideen, die gerade ordentlich Rückenwind verspüren.
In Derendorf am Platz der Ideen wollen Olaf Peters-Kim und Philipp Dommers mit Welect nicht weniger erreichen als eine Revolution in der Werbung. 2016 entschieden sie sich im eigenen Start-up Werbung neu zu denken.
Heute fühlen sich mehr und mehr Menschen von Werbung nur noch gestört. „Dabei haben Menschen jeden Tag durch die Werbung ganz persönliche Vorteile: Ich muss nicht so viel für die Zeitung zahlen, kann kostenlos fernsehen und benutze zwanzig Mal die Google-Suche, ohne irgendetwas dafür zu zahlen“, sagt Olaf Peters-Kim. Hier setzt das Start-up an: Nutzen Firmen Welect, können Kunden sich aus mehreren Werbungen, diejenige aussuchen, die sie am meisten interessiert. Ist die gesehen, gibt es etwas kostenlos. Das Konzept hat sich schon 2016 bei einem Projekt mit der Rheinbahn bewiesen: Wer sich über Welect eine Werbung auf dem Smartphone ansah, bekam ein kostenloses Ticket. Das schlug ein: Außer eines Facebook-Posts machte das Start-up keinerlei Werbung. Trotzdem waren die Tickets in kürzester Zeit weg. Dieser Erfolg zeigte: Die Idee geht auf. Nun arbeiten Peters-Kim und Dommers daran, Verlage für sich zu gewinnen. Mit der Rheinischen Post ist bereits ein Partner im Boot: Wer vor der Bezahlsperre des Verlags landet, kann sich ein Werbevideo von Welect aussuchen und dann den Artikel kostenlos lesen. Zahlen möchte man von Verlagsseite nicht öffentlich machen, „aber die Leser nehmen unseren Dienst seit dem ersten Tag in Anspruch“, sagt Peters-Kim. Derzeit laufen Verhandlungen mit weiteren Verlagshäusern. Die Welect-Gründer wetten auf die Zukunft: „In ein paar Jahren könnte es sein, dass ich sage: Wir haben komplett falsch gelegen“, sagt Peters-Kim. „Oder wir schaffen es, die Branche zu verändern.“ ●
Im Medienhafen ist der Startplatz das Zentrum der Start-up-Szene. Im vierten Stock, in den Räumen von IOX Lab, dreht sich seit 2015 alles um das Internet der Dinge (IoT). In der Ideenwerkstatt von Robert Jänisch und Andreas Bell treffen Industriedesign, 3D-Druck, Elektrotechnik und Künstliche Intelligenz aufeinander. Konzerne wie E.ON und Henkel haben schon mit der Tüftlerwerkstatt zusammengearbeitet. Im Herbst erhielt IOX Lab den Gründerpreis NRW.
Das Geschäftsmodell des IOX Lab klingt einfach: Kunden haben eine Idee für ein IoT-Projekt und das Lab entwickelt einen Prototyp. „Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass wir Projekte als Prototyp schneller umsetzen können, als der Kunde seine Power-Point-Präsentation abgestimmt hat“, sagt Gründer Jänisch. Das zeige gerade die Arbeit mit einer großen Automotive-Marke: „Mit dem Kunden durchlaufen wir gerade einen Prozess, für den die intern aufgrund ihrer Strukturen zwei bis drei Jahre brauchen würden. Wir brauchen etwa drei Monate“, sagt Jänisch. „Damit setzen wir ganz neue Maßstäbe.“ Das IOX Lab bietet Unternehmen neben IoT-Fachwissen und Tüftlerstimmung vor allem Schnelligkeit und Agilität. Das kommt offenbar an: Während Bell und Jänisch vor zwei Jahren noch allein Ideen brainstormten, arbeiten heute fast 20 Mitarbeiter für sie – zum Jahresende sollen es 30 sein. 2018 könnte für IOX Lab entscheidend werden. Ein Produkt, der C-Ring, soll ausgegründet werden. Das Gerät, das an Laternen befestigt wird, kann Umweltdaten, das Verkehrsaufkommen oder die entsprechende Feinstaubbelastung messen und nebenbei noch als WLAN-Hotspot dienen. Außerdem kommt mit einem Chatbot das erste IOX Lab-Serviceprodukt auf den Markt. Das langfristige Ziel der Gründer ist anspruchsvoll: „Wir wollen das Rocket Internet der IoT-Branche werden und so viele Ausgründungen auf den Markt bringen wie möglich.“ ●
Auf dem Wehrhahn ist Compeon zu Hause – ein Fintech für den Mittelstand. Das Start-up hat gerade im Herbst bei Investoren zwölf Millionen Euro eingesammelt und legt derzeit mit 75 Mitarbeitern ein rasantes Wachstum hin. Nico Peters, Frank Wüller und Kai Böringschulte hatten 2015 die Idee zu einer Art Interhyp für Mittelständler: Einer Plattform, die – ähnlich wie der Immobilienkreditvermittler für Privatpersonen – kostenlos und unkompliziert Finanzierungsoptionen für kleine und mittelständische Unternehmen vermittelt.
„Wir wollten ein ähnliches Angebot für den Unternehmer schaffen, wie es das für den Selbstständigen und die Privatperson schon längst gab“, sagt Peters. „Unser Zielkunde war der Unternehmer, der seine Immobilienfinanzierung über Interhyp erledigt und vielleicht über Check24 sein Tagesgeldkonto ausgesucht hat und jetzt auf einem ähnlichen Weg seine nächste Baumaschine finanzieren möchte.“ Und das funktioniert: Schon 2016 vermittelte Compeon Finanzierungen von insgesamt 2,5 Milliarden Euro. 2017 erreichte das Gesamtvolumen 3,5 Milliarden Euro. Eine Entwicklung, die selbst die Compeon-Chefs überrascht hat. Vor allem mit den sehr großen Auftragsvolumina hatten sie so nicht gerechnet: „Unsere Fallbeispiele waren eher der Handwerker, der seinen Sprinter, oder das produzierende Unternehmen, das einen Gabelstapler finanzieren möchte“, sagt Peters. Die Gründer kalkulierten damals mit einer durchschnittlichen Finanzierungssumme von rund 80.000 Euro. Eine durchschnittliche Compeon-Finanzierung liegt heute allerdings bei rund 700.000 Euro. Compeons Pläne für 2018: mehr von allem. Dazu gehört weiteres Wachstum, neue Mitarbeiter und der weitere Ausbau der Kooperationen. ●
Text: Katja Joho