Arbeiten von überall aus
Ein Workspace im Lieblingscafé, ein Thinktank am Flughafen, eine Telko in der
Hotel-Lobby: Wir erobern den öffentlichen Raum als Arbeitsplatz. Umgekehrt
dient dieser auch als Inspiration für moderne Arbeitswelten.
Arbeit ist mobil geworden. Wer über die technischen Geräte und die Freiheit verfügt, kann sich den Arbeitsort heutzutage aussuchen. Freelancer wie Geschäftsleute arbeiten im Auto oder im Zug. Im Café oder in der Bibliothek. Im Park oder auf öffentlichen Plätzen. Ehemals für Gäste reservierte Bereiche wie Hotel-Lobbys werden der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Und es gibt mittlerweile fast überall freies WLAN und bequeme Sitzbereiche. Früher hat man jeden Tag zur gleichen Zeit seinen Arbeitgeber aufgesucht, ist in sein Büro gegangen und hat sich an den Schreibtisch gesetzt. Hat seinen Dienst getan und ist wieder gegangen. Heute haben wir ganz andere Möglichkeiten. Ein Unternehmen, das sich mit der zunehmenden Verschmelzung von Büro und öffentlichem Raum beschäftigt und zeigt, wie wichtig Flexibilität und Agilität in der heutigen Arbeitswelt sind, ist der Möbelspezialist Vitra. „Wir folgen nicht mehr der Arbeit, sondern nehmen die Arbeit dorthin mit, wo wir uns aufhalten“, sagt Britta von Lackum, Innenarchitektin bei Vitra. Und: „In Zukunft werden wir Arbeit dort erledigen, wo Zeit und Raum dafür ist.“ Ihre These: Der Arbeitsort kann und soll dem persönlichen Lebenskonzept folgen.
Bestes Beispiel dafür sind Vielreisende, die ihre Zeit unterwegs im Zug oder am Flughafen zum Arbeiten nutzen. Der Flughafen München hat im Terminal 2 daher gemeinsam mit Vitra einen sehr stylischen Wartebereich mit 20 Business-Stations mit Anschlüssen für elektronische Geräte ausgestattet. Auch der Düsseldorfer Flughafen hat sich auf die Bedürfnisse der Geschäftsreisenden eingestellt. „Mobiles Arbeiten wird in unserer mobilen Gesellschaft immer wichtiger. Kostenloses WLAN im gesamten Terminal, eine immer größere Anzahl an Steckdosen in den Wartebereichen, optimale Arbeitsbedingungen in unseren Lounges sowie ein hochmodernes Konferenzzentrum mit Plug-in-Workstations, flexibel mietbaren Arbeitsbereichen und Thinktanks für kreative Worksessions machen den größten Airport NRWs zu einem komfortablen mobilen Arbeitsplatz mit hoher Aufenthaltsqualität“, sagt Thomas Kötter, Leiter der Unternehmenskommunikation. In Großstädten wie Düsseldorf entstehen auch immer mehr flexible Arbeitsorte wie Coworking Spaces und Business Lounges – etwa in Hotels. Das Me and All auf der Immermannstraße beispielsweise verfügt im Eingangsbereich über einen Coworking-Bereich mit langen Holztischen. Und richtet sich damit ausdrücklich nicht nur an Gäste, sondern vor allem an Urban Locals, die Lounge, Coworking-Bereiche und Boardrooms für Meetings und zum Arbeiten nutzen können. Das Besondere: Check-in, Lounge, Bar und Working Areas gehen fließend ineinander über und sind zur Stadt hin offen gestaltet. Größtmögliche Transparenz also.
Auch in Cafés und Restaurants entstehen immer mehr Arbeitsinseln. Im 2017 eröffneten Manko Café + Workspace auf der Hüttenstraße gibt es Kaffee, Kuchen und Plätze zum Arbeiten. Vorne ist es ein hübsches Café, im hinteren Teil ein Workspace, der stunden- oder tageweise gemietet werden kann. „Wenn man heutzutage etwas neu eröffnet, muss man auch Möglichkeiten anbieten, dort zu arbeiten“, ist Britta von Lackum sicher. Umgekehrt gelte auch: Wenn ein Unternehmen sich entschließe, ein neues Gebäude zu bauen, komme zwangsläufig die Frage, wie man den öffentlichen Raum miteinbeziehen kann. Oft werde darüber nachgedacht, im Erdgeschoss ein Café zu eröffnen oder die Kantine zugänglich zu machen. Amazon hat in Seattle ein neues Verwaltungsgebäude gebaut und dabei ganz viele Bereiche geöffnet, damit Nachbarn, Gäste und Besucher in das Gebäude kommen können, um das Unternehmen als Marke wahrzunehmen und kennenzulernen. Diese Verschmelzung von drinnen und draußen machen sich Unternehmen nicht nur werblich zunutze, sondern auch um Orte der Begegnung zu schaffen zwischen den Mitarbeitern des Unternehmens und Studenten, Start-ups oder Gründern. Eine Strategie, die sich in Düsseldorf besonders der Internettelefonie-Anbieter Sipgate zu eigen macht. Hier können Externe in der Kantine Sipgate-Mitarbeitern beim gemeinsamen Lunch von ihren Stärken berichten, bei sogenannten Insights die leane und agile Arbeitswelt des Unternehmens kennenlernen oder kostenlose Events wie Konzerte, Meetups, Talks oder Ausstellungen besuchen.
Auch die Stadtwerke Düsseldorf holen sich Kompetenzen und Kreativität von außen ins Haus. Im Herzen ihrer Konzernzentrale am Höherweg wurde mit der Denkfläche im August 2018 ein 200 Quadratmeter großer Coworking Space mit 28 modernen Arbeitsplätzen eröffnet. Freelancer aus dem Kommunikationsbereich, App-Entwickler und Start-ups arbeiten hier zusammen. Vom hauseigenen Druckservice über die IT bis hin zum Cateringservice der Kantine können die Mieter alle Vorzüge des Unternehmens genießen und sich mit Experten der Stadtwerke austauschen. Die Türen der Stadtwerke Düsseldorf stehen den Coworkern also weit offen – eine smarte Win-win-Situation.
Sport und Naturerleben haben aus dem öffentlichen Raum Einzug in Unternehmen gefunden. Neben stressbefreiten Rückzugsorten wie Bibliotheken und Cafés gehören Parks und Freiflächen zu den Möglichkeiten der Rekreation während des Arbeitens. „Man muss als Unternehmen Orte schaffen, wo man sich bewusst nicht mit technischen Geräten umgibt. Wo Mitarbeiter zur Ruhe kommen und eine andere Atmosphäre atmen. Analoge Orte mit Zeitschriften, Papier und Büchern“, sagt Britta von Lackum. In den letzten 30 Jahren habe man zwar neue Gebäude mit schönen Grünanlagen gebaut. Aber eben auch mit Schildern wie „Betreten der Rasenfläche verboten“. Heute schafft man gezielt Arbeitsorte draußen, etwa in Pavillons oder unter Bäumen – auch im Sinne der Gesunderhaltung der Mitarbeiter. Während der Arbeitszeit spazieren zu gehen, Sport zu treiben und draußen zu sein entspricht dem Trend „Human Core“. Der besagt: Mitarbeiter machen mit ihrer Gesundheit den Wert des Unternehmens aus. „Unternehmen erkennen mehr und mehr, dass sich Mitarbeiter ihrer Gesundheit widmen sollten und eine Abwechslung benötigen zwischen Angespanntheit und Entspanntheit, Stress und Ruhe“, sagt Britta von Lackum. Und dass sie sich bei zehn Stunden Arbeitszeit auch mal eine Stunde ihrer Gesundheit widmen können, im firmeneigenen Yogaraum wie bei Henkel oder im integrierten Fitnessstudio wie in der neuen L’Oréal Deutschland Zentrale.
Öffentliche Orte werden zu Arbeitsplätzen und umgekehrt entscheiden sich Unternehmen, den öffentlichen Raum in ihr Gebäude zu integrieren, um Austausch und Transparenz zu schaffen. Sich architektonisch damit zu beschäftigen, ist gar kein neuer Gedanke. Wenn man sich mit dem Bauhaus auseinandersetzt, stellt man fest, dass Wohn- und Bürogebäude aus der damaligen Zeit erst in den oberen Etagen beginnen. Im Erdgeschoss ist alles gläsern und offen. Weniger als Begegnungsort, sondern als ganz schön fortschrittliche Idee, Unternehmen sichtbar zu machen und so Identität und Kultur zu schaffen. •
Die Rubrik wird präsentiert von citizenoffice.
Das Unternehmen entwickelt Konzepte für die moderne Arbeitswelt, die die Produktivität, Motivation und Wirtschaftlichkeit des Unternehmens fördern. www.citizenoffice.de
Autorin: Karolina Landowski