Was macht eine Stadt zur Smart City?
Man stelle sich vor, auf der Königsallee würden keine Autos mehr fahren, der Prachtboulevard würde zur Fußgängerzone werden. Dort, wo sonst hupende Autos nach Parkplätzen suchen und durchdringende Motorengeräusche zuweilen die Idylle stören, würden stattdessen noch mehr Bänke, Grünflächen und Cafés zum Verweilen einladen. Nach dem Shopping könnte man sich in einer parkähnlichen Kulisse niederlassen. Kunst im Raum, ein Bouleplatz, Konzerte, Aufführungen, die Möglichkeiten der Gestaltung sind vielseitig. Pkws könnten Platz in den anliegenden Tiefgaragen finden, die Kö wäre autofrei. „Eine Utopie“, mögen jetzt einige denken. Das hat man in New York damals auch gedacht. Vor fast zehn Jahren legte der damalige New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg den Times Square still. Die Straße zwischen der 42. und 47. Straße wurde für den Durchgangsverkehr gesperrt, nur Fußgänger, Radfahrer und Skater sind noch zugelassen.
Bis zu 400.000 Menschen halten sich dort täglich auf. Es gibt Cafés, Straßenstände, abends gibt es Liveübertragungen aus der Metropolitan Opera und von Broadway-Veranstaltungen. Auch wenn New York immer noch unter seinem Verkehr und der mehr als renovierungsbedürftigen U-Bahn leidet, den Times Square zur Fußgängerzone zu transformieren, hat am Ende fast alle glücklich gemacht.
Aber warum soll die Stadt sich denn wandeln? Läuft doch alles? Ja, läuft, aber könnte besser laufen. Es gibt Hindernisse und Probleme, entstanden aus dem Bevölkerungswachstum, der Umweltverschmutzung, der Beschränktheit an Ressourcen und dem demografischen Wandel. Diese Probleme müssen angegangen werden, nicht nur für die Menschen, sondern auch, um die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt zu erhöhen. Was muss eine Stadt also können, machen, tun, um wirklich smart zu sein? Sie muss sehr viel können, eindeutig definieren lässt sich das nicht. Im Idealfall wird die Lebensqualität der Bewohner gesteigert und dafür müssen moderne Technologien intelligent miteinander vernetzt werden. Es müssen gesellschaftliche, technologische, wirtschaftliche und nachhaltige Strategien geschaffen werden. Megaschnelles Internet, Flugtaxis, Sharing Mobility und autonome Autos sind schon lange keine Utopien mehr. Durch die Digitalisierung und die dadurch mögliche Vernetzung kann eine smarte Stadt am Computer geplant werden. Aber das ist noch lange nicht alles, weiß Marc Böhnke, geschäftsführender Gesellschafter des Düsseldorfer Architekturbüros greeen! architects: „Der Begriff Smart wird oft mit der digital vernetzten Stadt gleichgesetzt. Die Smart City geht jedoch weit über die Digitalisierung hinaus. Viel wichtiger ist bei der Planung und Umsetzung einer intelligenten Stadt eine gesamtheitliche Betrachtung der Effizienz, Ressourcenschonung und sozialen Gerechtigkeit in der Stadt. Der Mensch muss dabei immer im Mittelpunkt der Prozesse stehen.“ Und der Mensch bevölkert die Stadt zunehmend, wir werden in der Zukunft in Megacitys leben. Schon diesen Sommer konnten wir erleben, dass schwül-hitzige Temperaturen am Meer besser verträglich sind als in der Stadt. Eine Stadt braucht weniger Beton und mehr Grün. Mehr Parks, mehr Bäume, mehr Pflanzen und Menschen, die diese Ideen umsetzen können.
„Der Klimawandel ist heute Realität: Grün spendet langfristig Schatten und Abkühlung und reguliert das Mikroklima, um der Aufheizung der Stadt entgegenzuwirken. Zusätzlich schafft Grün der Stadt Aufenthaltsqualität und einen gesunden Lebensraum. Begrünte Fassaden gehören heute zum Zeitgeist. Wichtig ist in unseren Breitengraden die Abwägung zwischen technischem Aufwand und Nachhaltigkeit. Zum Beispiel fallen die positiven Effekte der Verdunstungskühlung in Shanghai mehr als hierzulande ins Gewicht. Eine nachhaltige und gezielte Planung ist daher essenziell“, erklärt Architekt Marc Böhnke.
In Düsseldorf hat das Thema smarte Stadt höchste Priorität, eine Smart-City-Strategie wird gerade entwickelt. Eine hoch entwickelte Smart City ist komplett vernetzt, Sensoren erfassen Daten, die dann in einer Cloud zur Verfügung stehen. Dadurch entsteht eine dauerhafte Interaktion zwischen Bürger und Technologie. Um eine konsequente Smart City umzusetzen, braucht es aber mehr als die technische Opportunität, alles miteinander zu vernetzen und dadurch das Leben für alle zu erleichtern. Es muss ein generelles Umdenken der Stadtbevölkerung stattfinden. Ein eigenes Auto in der City, das 95 Prozent des Tages auf einem Parkplatz steht, hat einfach keinen sinnhaften Zweck. In Kopenhagen fahren nur 14 Prozent der Einwohner täglich Auto und es gibt fünfmal mehr Fahrräder als Autos. Warum sollte das nicht auch in Düsseldorf funktionieren? Öffentlicher Nahverkehr und Sharing-Angebote müssen eine Symbiose bilden, sodass der Stadtmensch sich nahezu lückenlos fortbewegen kann. Apropos fortbewegen: Flugtaxis kommen, so viel ist sicher. Nach Branchenschätzungen arbeiten weltweit über 50 Firmen an der Idee der fliegenden Dienstleister. Laut einer Studie von Porsche Consulting können Flugtaxis schon ab 2025 zwischen Städten wie Köln und Düsseldorf pendeln. In den Plänen des Stadtentwicklungsprojekts „Rheinboulevard“, welche vorsehen, die Einkaufsstraßen Königsallee, Schadowstraße und die Altstadt miteinander zu verbinden und so zu stärken, findet man auf alle Fälle auch Landeplätze für Flugtaxis. Zu Ende gedacht und zusammengefasst ist eine Smart City vor allem eins: sauber, leise und grün. Das geht nicht ohne Technologie und nicht ohne die Menschen, die den Smart-City-Gedanken leben. Düsseldorf ist auf einem guten Weg dorthin. ●
Handlungsfelder der Smart City Düsseldorf
• Smart Economy: zukünftiger Wirtschafts- und Wissensstandort
• Smart Living: sicheres und lebenswertes Stadtumfeld
• Smart Environment: nachhaltiges Ressourcenmanagement
• Smarte Mobility: multimodale und umweltbewusste Mobilität
• Smart Governance: intelligente Dienste für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen in der Stadt
Infos: www.smartcityduesseldorf.de
Text: Britt Wandhöfer