„Wir wollen die Führungsrolle“

Seit über 90 Jahren produziert Hakle Hygieneprodukte – einen Großteil davon in Düsseldorf-Reisholz. Geschäftsführer Volker Jung hat sich viel vorgenommen, um das Traditionsunternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen.

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Hakle – die Marke wird in einem Atemzug etwa mit Tempo oder Zewa genannt, wenn man in Deutschland über Hygieneartikel spricht. Den Grundstein für das bekannte Label legte Gründer und Namensgeber Hans Klenk, als er 1928 das erste gerollte Toilettenpapier mit einer garantierten Blattzahl auf den Markt brachte. Vorher schnitt man hierzulande das vorrangig verwendete Zeitungspapier mit einer Schere – heute kaum noch vorstellbar. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte kamen zahlreiche Innovationen dazu: im Jahr 1958 etwa das erste Toilettenpapier aus Tissue, 1972 das erste 3-lagige Toilettenpapier, 1977 das erste Feuchtpapier und 1984 das erste 4-lagige Toilettenpapier. Im Marketing versucht man bei Hakle seit jeher, das Anwendungsfeld seiner Produkte etwas zu enttabuisieren. Etwa mit Slogans wie „Verlangen Sie eine Rolle Hakle, dann brauchen Sie nicht Toilettenpapier zu sagen.“ Oder mit der mehrfach ausgezeichneten Werbekampagne in den 1990er Jahren, bei der der Po zur „Kusszone“ gemacht wurde.

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Im hauseigenen Hakle-Markenarchiv auf der Bonner Straße in Düsseldorf können Interessierte allein über 400 verschiedene Artikel im Zeitverlauf der letzten 90 Jahre bewundern. Grundsätzlich lassen sich die Produkte in drei Produktbereiche einteilen: Das mit Abstand größte ist das trockene Toilettenpapier, dann kommen Haushaltstücher („Dick&Durstig“) und schließlich Feuchttücher. Das trockene Toilettenpapier und Haushaltstücher werden noch heute in Düsseldorf-Reisholz in einem riesigen Maschinenpark produziert. Zellstoffplatten werden hier angeliefert, mit Wasser in einer Art Riesenmixer verdünnt und dann über eine 5,20 Meter breite Riesenrolle in eine Lage-Form gebracht – das Grundmaterial für die späteren kleineren Papierrollen. Der Maschinenpark besteht neben der Papiermaschine aus insgesamt 13 Verpackungsmaschinen, 11 Zweitverpackungsmaschinen, 10 Palettierern und 3 „Stretchern“. Jährlich stellt Hakle am Standort Düsseldorf rund 300.000 Paletten Hygienepapier her. Und der Bedarf in Deutschland steigt. „Während Papiere im grafischen Bereich durch die Digitalisierung immer weniger produziert werden, nimmt die Papierherstellung für den Hygienebereich in Deutschland und auch weltweit zu“, erklärt Volker Jung, der seit Anfang 2019 die Geschicke der GmbH leitet. „Und wie wollen Sie bitteschön eine Toilettenpapierrolle digitalisieren?“, fragt er lächelnd. Die Deutschen verbrauchen im Durchschnitt immer mehr Hygienepapier, denn beispielsweise der Trend zu größerem Komfort dank mehrerer Lagen schreibt sich fort. „Interessanterweise haben Studien ergeben, dass Verbraucher umso mehr Papier benutzen, je mehr Lagen es hat. Nachhaltigkeit ist in diesem Bereich noch nicht so angekommen, weil es sich hier um Low-Interest-Produkte handelt“, erklärt Volker Jung.

Er ist allerdings überzeugt davon, dass man mit Innovationen auch hier ein Umdenken anstoßen kann. So hat der Geschäftsführer direkt nach Jobantritt ein neues Produkt entwickelt und lanciert: „Hakle Feucht PUR“ wird mit 99 Prozent Wasser und einem Minimum an Inhaltsstoffen produziert und kommt dazu ohne Mikroplastik aus. Die Idee, die eigentlich aus dem Babytuchsegment kommt, scheint auch bei Erwachsenen anzukommen, wie die Absatzzahlen bisher zeigen. Derzeit experimentiert das Entwicklungsteam bei Hakle zudem mit alternativen Fasern. „Warum vernichten wir Bäume, wenn wir etwas verwenden können, das viel schneller nachwächst?“ fragt sich Volker Jung.

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Warum vernichten wir Bäume, wenn wir etwas verwenden können, das viel schneller nachwächst?

Eine Küchenrolle, die anteilig aus Gras anstatt Holz besteht, könnte zum Beispiel ein solch nachhaltigeres Produkt sein. „Ich könnte mir auch vorstellen, dass wir den Bleichprozess weglassen.“ Mit Hochdruck arbeitet man bei Hakle daran, hier in naher Zukunft marktfähige Innovationen in die Supermarktregale zu bringen.

Nicht nur das Thema Nachhaltigkeit treibt Volker Jung um. Auch das Personalmanagement steht ganz oben auf seiner Agenda. „In den nächsten zehn Jahren geht mehr als die Hälfte unserer Belegschaft in Rente. Das wird ein Generationswechsel, der viel Vorbereitung erfordert. Wir wollen frühzeitig dafür sorgen, dass wir junge Menschen ins Unternehmen holen“, erklärt er. Den Wissenstransfer zu managen sei dafür sehr wichtig, damit alle profitieren: auf der einen Seite die große Erfahrung der langjährigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in einem spannenden und traditionsreichen Handwerk, auf der anderen Seite frisches Know-how der „Neuen“ – nicht zuletzt auch zum Thema Digitalisierung. Womit ein weiterer Punkt auf Jungs Agenda angesprochen wäre: „Wie kann sich die Traditionsmarke Hakle optimal im Bereich E-Commerce aufstellen? – Auch damit beschäftigen wir uns gerade sehr intensiv“, erklärt er. All diese Maßnahmen sollen nicht nur dazu beitragen, die Zukunft von Hakle zu sichern, sondern auch ein großes Ziel zu erreichen: „Unter den Markenherstellern im deutschen Hygienemarkt sind wir derzeit die Nummer Zwei. Wir wollen die Führungsrolle übernehmen!“, sagt Volker Jung selbstbewusst. •

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• Papierproduktion am Standort 
Düsseldorf-Reisholz seit 1905.

• 1928 bringt Hakle die erste Toilettenpapierrolle in Deutschland auf den Markt. Mit 1.000 perforierten Krepppapier-Blättern.

• erste Tissue-Produktion in Düsseldorf 1963

• Hakle bringt zahlreiche Innovationen in den deutschen Markt: erstes Tissue-Toilettenpapier in Deutschland, erstes 3-lagiges und erstes 4-lagiges Toilettenpapier, Erfindung des feuchten Toilettenpapiers.

• Standort: Düsseldorf-Reisholz.

• 225 Mitarbeiter, 75 Mio. Euro Jahresumsatz (2018) Zahlreiche Zertifizierungen, auch im Bereich Nachhaltigkeit mit der FSC®-Produktketten-Zertifizierung.

www.hakle.de

Autor: Thomas Corrinth
Bilder: Andreas Endermann


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VIVID 04 | 2019

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