Art is Freedom
Vor 20 Jahren gründete Daniela Steinfeld VANHORN als Artist Space, benannt nach einem kleinen Ort in Texas. Seit 15 Jahren arbeitet die Düsseldorfer Künstlerin als Galeristin und zeigt Talente wie Anys Reimann, Elisabeth Vary oder Jan Albers an zwei Locations in Flingern und Lierenfeld und auf internationalen Messen. In ihrem Podcast Voices on Art spricht Daniela Steinfeld mit internationalen Künstler:innen und Galerist:innen über Kunst. In VIVID gibt sie einen Einblick in die Arbeit einer Galeristin.
Was unterscheidet eine Galerie vom klassischen Kunsthandel?
Die Essenz einer Galerie ist die Person, die sie leitet und das macht eine Galerie extrem individuell. Kunst ist nicht skalierbar, eine Galerie auch nicht. Das ist toll und gleichzeitig schwierig, denn sie funktioniert nicht wie ein gewöhnliches Unternehmen. Kunsthandel kann nur das handeln, was handelbar ist und bereits einen Wert darstellt. Er hat selten mit lebenden Künstler:innen zu tun, sondern mit Werken, die bereits im Umlauf waren. Eine Galerie schafft erst Werte und zwar kulturelle Werte, die erst in ökonomische übergehen. Man kann sagen: Der Kunsthandel richtet sich auf die Vergangenheit, die Galerie auf Gegenwart und Zukunft.
Was ist die Herausforderung daran, Kunst zu verkaufen?
Mit Kunst verkauft man Kultur, Zivilisation, Freiheit und Emanzipation. Als Galeristin übernimmt man das Management für die Künstler:innen. Unsere Aufgabe ist die Vermittlung an Menschen und Museen, die weit über den Verkauf hinausgeht. 90% der Galerist:innen leisten sich Künstler:innen, die kommerziell nicht erfolgreich sind und sich schwer verkaufen lassen. Skulptur, Installation, Fotografie und Video sind ein kleiner Markt. Aber diese Künstler:innen sind wichtig, kulturell wertvoll, haben eine Stimme und viel zu sagen.
Welche Eigenschaften muss man als Galeristin mitbringen?
Ein gutes Gefühl für die Kunst und das Gegenüber. Neugierde, Leidenschaft, unbedingtes Commitment und auch Selbstbewusstsein. Dazu eine hohe Form von Idealismus, gepaart mit einer gehörigen Portion Realismus. Und auch viel Risikobereitschaft und Verantwortungsbewusstsein gegenüber Künstler:innen, Mitarbeiter:innen und Sammler:innen, die der Galerie lange treu sind.
Wie finden Sie neue Kunsttalente? Wie verliebt man sich?
Man geht raus und schaut sich viel an. Man muss Kunst immer in echt sehen, denn Werke, die online sehr gut aussehen, können in echt Schrott sein – und umgekehrt auch. Oft spielen Glück und Zufall eine große Rolle, nicht nur bei der Auswahl der Künstler:innen. Die Aufgabe einer Galeristin besteht darin, aufmerksam zu sein und Möglichkeiten auf Anhieb zu ergreifen. Dank profundem Wissen und Intuition, weiß ich sehr sehr schnell, was mir gefällt.
Wonach wählen Sie Kunstwerke aus?
Zunächst einmal frage ich mich: Möchte ich es selber besitzen? Also ist das Werk essentiell wichtig und so toll, dass ich es selber haben will? Zweitens: Ist es gut genug fürs Museum? Drittens: Kann ich mit dieser Person arbeiten? Diese drei Dinge müssen zusammenkommen.
Was macht Düsseldorfs Kunst- und Galerieszene aus?
Es ist weltweit einzigartig, dass eine so kleine Stadt wie Düsseldorf so unfassbar hochkarätige Institutionen vereint – von der Kunstsammlung NRW über den Kunstpalast, die Kunsthalle, Kunststiftung, KIT bis zur Kunstakademie. Es gibt eine spannende Galerieszene. Kunst gehört einfach zum Stadtleben dazu. Es gibt niemanden, der nicht wenigstens einmal beim Rundgang war. Von den Unternehmer:innen sammeln alle Kunst. Künstler:innen haben hier eine große Stimme. Es leben viele Weltkünstler:innen in der Stadt. Die Düsseldorfer Politik unterstützt Kunst und Kultur, das gibt es in anderen Städten in der Form nicht. All das ist ein unglaublich fruchtbarer Boden für die Kunst, aus dem ich als Galeristin die Kraft ziehe, in die Welt zu gehen.
Inwiefern haben sich Galerien in den letzten Jahren verändert?
Der Galeriemarkt zeigt aktuell zwei Strömungen: mehr Wachstum, immer größer und globaler oder zurück zu etwas sehr Persönlichem, Spezifischem, Unikatärem, das so kein anderer leisten kann. Kunst ist am Ende ein Menschenbusiness. Eigentlich geht es nur um Menschen und Geschichten. Um menschliche Beziehungen, von Galerie zu Künstler:in zu Sammler:in. Kunst ist darin eingebettet. Oft lebt Kunst nur von ein paar Menschen oder vielleicht auch nur einer Person, die so begeistert ist, dass sie es schafft, die anderen anzuzünden. Ich verstehe mich als so ein Firestarter.
Frauen sind in der Kunst nach wie vor unterrepräsentiert. Wo stehen wir aktuell? Da hat sich bereits viel getan. In der Kunstakademie studieren mehr Frauen als Männer. Viele Galerien werden von Frauen geleitet. Im jüngeren bis mittleren Segment stammen die interessantesten Ansätze und Werke von Künstlerinnen. Der Top-Markt wird zwar immer noch von Männern dominiert, aber das wird sich in 10 bis 20 Jahren ändern. Es gibt schon fulminante Karrieren von Frauen, aber Künstlerinnen, die ganz hohe Preise erzielen, sind noch nicht so lange dabei. Der Kunstmarkt ist einer der wenigen, in dem wir zumindest die Chance auf Ausgeglichenheit haben.
Mit welchen Themen beschäftigt sich Kunst momentan?
Es wird von der Kunst oft verlangt, sie solle politisch sein und Stellung beziehen. Dagegen spricht auch nichts, wenn die Kunst dabei als Kunst überzeugt. Die eigentliche Aufgabe der Kunst sehe ich darin, uns auf etwas hinzuweisen, das jenseits unserer Vorstellungskraft oder unseres Alltagsbewusstseins liegt, jenseits von Zweck und Ego. Wenn Kunst denn überhaupt eine Aufgabe hat. Möglicherweise ist sie ja völlig zweckfrei, was das Allerschönste wäre. Das subversivste Thema der Kunst ist Freiheit. •
Text: KAROLINA LANDOWSKI
Fotos: PR, Andreas Endermann, Johannes Bendzulla