Bright and buzzing
Kunst hat in Düsseldorf einen enorm hohen Stellenwert, ihre Institutionen und viele Künstler:innen genießen weltweit Ansehen. Der Kunstmarkt beeinflusst auch die wirtschaftliche Prosperität der Landeshauptstadt.
Fast 68 Mrd. US-Dollar Handelsvolumen hatte der globale Kunstmarkt im Jahr 2022 – und damit wieder fast so viel wie im Rekordjahr 2014, analysiert das Düsseldorfer Unternehmen arttrade in seinem Kunstinvestment Guide 2024. Das mit Abstand größte Kuchenstück davon bekam die USA (45 Prozent), gefolgt von UK (18 Prozent) und China (17 Prozent). Deutschland ist mit etwa 2 Prozent Umsatzvolumen eher auf den hinteren Rängen. Einer Prognose von Deloitte zufolge waren 2020 zudem weltweit rund 1,5 Billionen US-Dollar Privatvermögen in Kunst- und Sammlergegenständen gebunden, 2025 sollen es 1,9 Billionen US-Dollar sein. In unsicheren Zeiten wie diesen ist Kunst ein zunehmend wichtiges alternatives Asset, nicht mehr nur für sehr reiche Menschen. Welchen Weg ein bestimmtes Kunstwerk geht und wie sich sein Preis entwickelt, ist eine hochindividuelle Angelegenheit (siehe Info-Kasten). Viele verschiedene Akteur:innen und Institutionen spielen dabei eine Rolle und arbeiten zusammen: Galerien, Kunsthändler:innen, Museen, Sammlungen, Auktionshäuser, Stiftungen, Kunstvereine, Kunst-Events, Off-Spaces – und natürlich die Künstler:innen selbst. Der Kunstmarkt in Düsseldorf ist besonders beeindruckend. Dafür steht zuvorderst die Kunstakademie als international anerkannte Entwicklungsstätte. Dafür stehen das K20 und K21 der Kunstsammlung NRW als zwei der international bedeutendsten Museen für klassische Moderne und zeitgenössische Kunst. Dafür stehen allein 23 Kulturinstitute, die der Stadt gehören oder an denen sie beteiligt ist – darunter zum Beispiel der Kunstpalast und das NRW-Forum oder die Kunsthalle Düsseldorf. Dafür stehen zum Beispiel auch die etwa 50 Galerien in der ganzen Stadt – um nur einige Indikatoren aufzuzählen.
„In Düsseldorf hat der Kunstmarkt eine echte Relevanz. Wenn Sie zum Beispiel auf internationale Kunstmessen gehen, dann werden Sie in der Regel einige der hiesigen Galerien dort auch antreffen. Das ist mit anderen Städten in Deutschland, die zum Teil deutlich größer sind, wirklich nur partiell der Fall“, sagt Felix Krämer. Seit 2017 ist er Generaldirektor des Museum Kunstpalast, dem größten städtischen Museum, das nach enormen Umbauarbeiten seit Ende 2023 in neuem Glanz erstrahlt. „Und das Schöne in unserer Stadt ist: Wenn Sie im Kunstbereich arbeiten, müssen Sie niemandem erklären, was das bedeutet, denn das ist in dieser Stadt einfach offensichtlich. Das Verhältnis von Einwohner:innen, Künstler:innen, Galerien, ausstellende Institutionen und Museen ist deutlich anders gelagert als an anderen Orten. Für diese doch relativ kleine Stadt ist das eines der Felder, wo wir international eine Rolle spielen.“ Für Ljiljana Radlovic ist es vor allem die reiche Galerienszene, die den städtischen Kunstmarkt wesentlich prägt. „Das ist keine neue Kunstszene, sondern die Galerienlandschaft in der Stadt hat sich seit Anfang der 1980er Jahre stetig entwickelt. Die Art Düsseldorf ist seit einigen Jahren eine wunderbare Ergänzung, die den lokalen Kunstmarkt zusätzlich stärkt. Und natürlich gibt es hier eine große Sammlerschaft und Kunst-Mäzenatentum.“ Der Ruf von Köln als Galerienstadt mit der etablierten Kunstmesse Art Cologne ist weithin bekannt. Und so entstand mit den benachbarten Kölner Galerien die Idee zum Veranstaltungsformat DC Open (siehe Info-Kasten): „Wir haben mit unserem Projekt DC Open die Konkurrenz zwischen diesen beiden Kunst-Städten herausgenommen, um gemeinsam stärker zu sein. Und ich glaube, dass uns das auch gut gelungen ist.“ Im Vergleich mit der Kunstmetropole Berlin überzeugt Düsseldorf ihrer Meinung nach mit einer ganz eigenen Art: „Wir sind stiller als Berlin, aber qualitativ sehr stark aufgestellt. Ich denke, dieser Ansatz schafft Raum für Ruhe und Souveränität. Mit dem Wissen und der Rückbesinnung auf das, was Düsseldorf ausmacht: Das sind vor allem die Menschen, die Galerienvielfalt, die enorm starke Kunstakademie, die hervorragenden Museen und die Privatsammlungen.“
OFF-SPACES
Off-spaces are non-commercial, independent exhibition spaces for young, not (yet) established contemporary art. They are usually run by the artists themselves, often art students. There are many in Düsseldorf, for example:
• Palace, Worringer Platz 1
• the pool, Tersteegenstraße 63
• Bilker Bunker, Aachener Straße 39
• Weiden Space, Ackerstraße 34
• LRRH Aerial, Kapuzinergasse 24
• Bloom, Birkenstraße 56
More off-spaces in Düsseldorf:
WWW. ARTJUNK.DE
Auf Kooperation setzt auch Rhineland Independent, ein Zusammenschluss der privaten Sammlungen Philara, Arthena Foundation/ Kai 10 , Julia Stoschek Foundation und Langen Foundation. „Aktuell kooperieren wir auch viel mit öffentlichen Institutionen, beispielsweise mit der Kunstakademie und den Borderland Residencies. Es ist aber nicht unbedingt immer eine Kooperation, die einen Markt stärkt, das ist in der Wirtschaft nicht anders als auf dem Kunstmarkt. Vielmehr ist es die Präsenz vieler aktiver Teilnehmenden, die wichtig dafür ist, dass der Markt lebendig bleibt“, sagt Gil Bronner, der die Sammlung Philara aufgebaut hat. In seinen Augen sind die privaten Häuser nicht mehr aus der Stadt wegzudenken und stärken die Strahlkraft von Düsseldorf als einen der wichtigsten Standorte für zeitgenössische Kunst in Europa. „Die Dichte der ernsthaften Sammler:innen ist hier sicherlich höher als in vielen anderen Städten. Allerdings haben sich Deutschland und zum Beispiel die USA als Standorte für Sammler:innen in den letzten Jahren sehr unterschiedlich entwickelt. In den USA sind sie eher an etablierten Positionen jenseits der hunderttausend Dollar interessiert, die in Deutschland nur schwer verkäuflich sind. Hier ist man dagegen meist mutiger, was junge Positionen angeht“, so Bronner.
ART MARKET AND PRICE TRENDS
The art market is divided into primary and secondary markets. The primary market is where an artist's work is sold for the first time, usually through the representing gallery. From then on, the work is on the secondary market. Art dealers and auction houses play a particularly important role here. How an artwork gets priced is very complex. There are quantitative and qualitative factors. Quantitative factors are easy to measure, such as auction prices or gallery prices of a work. Qualitative factors are harder to measure. These include historical and current artistic significance (which is also influenced by art criticism and museum exhibitions), general demand, gallery representation, the quality of the work or the provenance of a work.
Source: arttrade Art Investment Guide 2024
Und wie beeinflussen sich ein lebendiger Kunstmarkt und ein prosperierender Wirtschaftsstandort Düsseldorf gegenseitig? „Eine starke Wirtschaft investiert in Kunst und Kultur. Kunst im Unternehmen kann die Unternehmenswerte und -ziele widerspiegeln und eine positive Unternehmenskultur fördern. Kunst kann dazu beitragen, das Image des Unternehmens zu stärken. Umgekehrt Unternehmen, die Kunst sammeln, unterstützen aktiv die Künstler:innen, indem sie ihre Werke kaufen und ausstellen und damit den lokalen Kunstmarkt festigen. Daher glaube ich, dass es ganz viele Vorteile gibt für die Wirtschaft, wenn sie sich auch mit Kunst befasst“, erklärt Ljiljana Radlovic. Damit dieses Zusammenspiel auch in Zukunft gut funktioniert, ist weiterhin die Unterstützung und Anerkennung von Kunst als wichtiger Beitrag zur Gesellschaft seitens der Stadt mit entscheidend. „Während der Corona-Zeit hat die Stadt rund 50 Millionen Euro investiert, um den Kunstpalast in diesen neuen Zustand, zu versetzen – das ist alles andere als selbstverständlich. Es hängt auch zusammen mit den Rahmenbedingungen in der Verwaltung, in der Stadt und der Politik, die ich so in kaum einer anderen Stadt in Deutschland kenne“, sagt Felix Krämer. Viel Potenzial könnte man noch heben, wenn der rheinische Kunst-Standort als größere überregionale Kooperation seine vielen Vorteile gemeinsam bewerben würde, meint Gil Bronner. „Unsere Region ist in jedem Bereich der Kultur, nicht nur der bildenden, sondern auch der darstellenden Kunst, so stark wie kaum eine andere. Wir haben hier im Umkreis von 50 Kilometern so viel. Das ist nach meiner Erkenntnis einfach nicht bekannt genug. Das interessierte Publikum fährt irrigerweise ständig nach Berlin, was sicherlich auch interessant ist, aber wir haben deutlich mehr zu bieten.“
Wichtig ist es auch, vor allem junge Künstler:innen und Kunstakademie- Absolvent:innen in der Stadt zu halten, damit der Markt frische Impulse bekommt. „Die Konkurrenz um kluge Köpfe zeigt sich dramatisch, das ist mittlerweile auch im Kulturbetrieb angekommen. Wir müssen in der gesamten Wirtschaft ein attraktives Umfeld bieten und da spielt die Kultur eine ganz wichtige Rolle“, sagt Felix Krämer. Der Kunstmarkt ist eben nicht nur ein direkter Wirtschaftsfaktor in dem Sinn, dass in der Stadt viel Geld umgesetzt wird durch Kunstkäufe und Produktionen. Sondern auch ein indirekter Faktor in dem Sinn, dass dadurch die Lebensqualität am Standort steigt. „Deswegen sollte auch Kunst und Kultur selbstbewusst auftreten und sagen: Ja, wir sind ein Faktor, um das Leben attraktiver zu gestalten. Und das wiederum hat direkten Einfluss auf wirtschaftliche Prosperität“, so Krämer. •
SAVE THE DATES: DC OPEN AND STRIKE A POSE FESTIVAL
The Düsseldorf Cologne Open Galleries (DC Open) will take place for the sixteenth time from 30 August to 1 September 2024. Around fifty galleries from both cities will present the exhibition highlights of the year, making the Rhineland the centre of the contemporary art scene.
WWW.DC-OPEN.DE
From 28 to 30 June 2024, the Strike a Pose Festival will take place for the third time. The festival brings together the creative forces of fashion and art from the region and, for the first time, from Israel, in a unique dialogue. The programme includes exhibitions and performances, accompanied by the fundamental question: How do we want to live in the future? Strike a Pose 2024 will focus on "Material World" - The Power of Textiles.
WWW.STRIKEAPOSEFESTIVAL.DE
Words: Tom Corrinth
Pictures: Stefan Müller, right: Kai Werner Schmidt, Courtesy Philara Collection, Düsseldorf, Anne Orthen