Doctor AI

In der Gesundheitswirtschaft ist Künstliche Intelligenz (KI) eine Schlüsseltechnologie. Sie hilft dem medizinischen Fachpersonal nicht nur bei der Früherkennung von Erkrankungen und der Diagnostik, sie kann es auch bei der Versorgung von Patient:innen entlasten. 


Düsseldorf ist ein Zentrum für Biotechnologie: In der Stadt sind eine Vielzahl Life-Sciences-Firmen sowie entsprechende Zuliefer- und Dienstleistungsbetriebe ansässig. Auch die Heinrich-Heine- Universität mit ihren zahlreichen Forschungsprojekten, das Deutsche Diabetes-Zentrum, das Leibniz-Institut für Umweltmedizinische Forschung sowie das Biologisch- Medizinische Forschungszentrum gelten als Keimzellen der deutschen Biotechnologiebranche. Sitz vieler Start-ups, aber auch etablierter Unternehmen der Branche ist das Life Science Center Düsseldorf, das in direkter Nähe zum Uni-Campus zu finden ist und auf 21.000 Quadratmetern flexible Labor- und Büroflächen zur Verfügung stellt. Die meisten dieser Biotech-Unternehmen und Forschungseinrichtungen nutzen heutzutage KI, um eine bessere Patient:innenversorgung zu gewährleisten, Diagnostik zu erleichtern und medizinisches Fachpersonal zu entlasten. Wie das funktioniert? VIVID schaute sich drei Player der Biotechnologie in Düsseldorf einmal genauer an. 


Das Digital Health Lab des UKD arbeitet mit KI zur Verbesserung von Kommunikation, Ausbildung, Diagnostik, Behandlung und Patientenversorgung. 

UKD: KI IN DER FORSCHUNG 

Das Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) gehört zu den besten Kliniken der Welt - nicht nur in der Krankenversorgung, sondern auch, was ihre innovativen Forschungsprojekte angeht. Immer mehr Forschende setzen in ihren Versuchsreihen und Studien auf Künstliche Intelligenz. 

Das Digital Health Lab des UKD arbeitet mit KI zur Verbesserung der klinischen Kommunikation, der Ausbildung von Ärzt:innen, ihrer Unterstützung bei Diagnose, Behandlung und Patientenversorgung. 

Ein wichtiges Anwendungsfeld von KI ist die Radiologie. Entsprechende Technologien unterstützen dabei, medizinische Bilder schneller zu analysieren, zu interpretieren und Auffälligkeiten zu erkennen, die für das menschliche Auge kaum zu identifizieren sind. Der Teilbereich „Künstliche Intelligenz und Radiologische Informatik“ unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. med. Dipl.-Inform. Julian Caspers möchte die Potentiale von KI nutzen, um die Patientenversorgung voranzubringen, z. B. zum frühzeitigen Aufspüren von Aneurysmen. 

Auch in dem Verbundprojekt „DECADE“, das die Versorgung von Darmkrebspatient:innen verbessern möchte, wird KI angewendet. „DECADE“ setzt bereits in der Diagnostik an, kann aber auch Faktoren vorhersagen, die für die Behandlung von großer Bedeutung sind. Ein weiteres KI-Projekt des UKD ist das Simulations-Zimmer einer Intensivstation, „Digital ICU“, in dem neue Techniken in der Anwendung sicher simuliert werden können, um eine möglichst realistische Forschungsplattform zu schaffen. Das Projekt KIPos möchte über ein KI-basiertes Unterstützungssystem für das Fachpersonal eine Verbesserung der postoperativen Versorgung herzchirurgischer Patient:innen gewährleisten. 

WWW.UNIKLINIK-DUESSELDORF.DE 


NANO4IMAGING GMBH: INTELLIGENTE TRACKER-SOFTWARE FÜR INVASIVE MEDIZIN 

Das Unternehmen Nano4Imaging GmbH wurde im Jahr 2011 von Rudolf Schulze Vohren und Paul Borm gegründet und sitzt im Life Science Center in Düsseldorf-Bilk. Sein Produkt: Magnetresonanztomograph (MRT)-kompatible Instrumente mit Nanotech-Markern sowie eine KI-basierte Software (TRACKR), die invasive Operationen im MRT unterstützen. Diese Entwicklung ist insbesondere für empfindliche Patient:innen wie Kinder, Schwangere oder bei Nierenerkrankungen ein großer Vorteil, da, im Gegensatz zu Katheter-Laboren, Röntgenstrahlungen und Kontrastmittel vermieden werden. Außerdem kann ein MRT erheblich besser Gefäßsysteme und andere Weichgewebe wie die Leber oder das Herz abbilden. 

Auf einem Workshop mit BIS Research zum US-Markt für TRACKR: Cansu Ahlemeyer, CFO, sowie Professor Paul Borm, CTO und Co-Founder von Nano4Imaging, Abdul Wahid von BIS Research sowie Rudolf Schulze Vohren, CEO und Co-Founder. 

Nano4Imaging nutzt nichtmetallische Führungsdrähte und Katheter aus Polymermaterialien, die mit Nanotech- Markern versehen sind und von der Software TRACKR gesteuert werden, die ähnlich wie GPS funktioniert: Die KI führt und positioniert die Instrumente genau dorthin, wo sie für die Therapie gebraucht werden, ohne Gefäße zu verletzen. 

Da fast alle Führungsdrähte und Katheter mit Markern versehen werden können, entsteht ein umfangreiches Instrumentenportfolio, das in einer Vielzahl von Therapien eingesetzt werden kann, zum Beispiel zur Behandlung von Knieschmerzen (Osteoarthritis), Lebertumoren, Gefäßverengungen, aber auch zum Einsetzen von Stents und anderen Implantaten. Kooperationspartner von Nano4Imaging sind das UKD und führende Kliniken in den USA, Niederlande und England. Zudem kooperiert Nano4Imaging mit Playern der Medizintechnik wie Siemens, das die TRACKR-Software auf ihren Magnetom MRT-Geräten einsetzen möchte, die wiederum im letzten Jahr den Deutschen Zukunftspreis gewonnen haben. 

WWW.NANO4IMAGING.COM 


SEEGENE 

Das koreanische Unternehmen Seegene ist im Bereich der Molekularen Diagnostik und der PCR-Testverfahren tätig und hat seinen Deutschlandsitz im Life Science Center in Düsseldorf-Bilk. Es entwickelte nicht nur den ersten zertifizierten COVID-Test, sondern bietet von der Nukleinsäure-Extraktion bis zur Real-time PCR eine diagnostische Gesamtlösung für Labore zum Nachweis für eine Vielzahl von Infektionserregern an. Seegene nutzt bereits eine eigene KI-Technologie zur Entwicklung neuer Tests, was im Normalfall ein langjähriger Prozess ist. Seit Januar 2024 sind sie dazu eine strategische Partnerschaft mit Microsoft eingegangen, um den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) im Forschungs- und Entwicklungsprozess, wie z. B. Azure OpenAI Service, auszuweiten. 


CUREOSITY: GAMIFICATION IN PHYSIO- UND ERGOTHERAPIE 

CUREO arbeitet mit einer VR-Brille, die die zuvor langweiligen Trainingseinheiten von Reha-Patient:innen zu spannenden Erlebnissen werden lässt. 

Das Unternehmen CUREosity hat mit CUREO eine kognitive, sensomotorische und perzeptive Therapie auf Basis von Virtual Reality entwickelt. Hierzu gehört die Therapie-Software sowie eine mobile VR-Brille mit Handtracking und ein Tablet, das die Bedienung und Steuerung durch medizinisches und therapeutisches Fachpersonal ermöglicht. Die Idee dahinter: Gamification von meist wenig motivierenden und repetitiven Übungen innerhalb von Rehabilitationsmaßnahmen. 

Eine Trainingseinheit mit CUREO findet in der Virtuellen Realität statt und enthält spielerische Elemente, mit denen sich die Nutzer:innen steigern, Highscores knacken, schnelle Erfolge, aber auch starke therapeutische Effekte erzielen können. Wie im Therapiespiel Meteor, bei dem sich die Patient:innen in einer Weltraumumgebung befinden und Meteoriten mit verschiedenen Hand- und Armbewegungen einfangen müssen. Die Einstellungen macht der Therapeut vor oder während der Therapie auf seinem Tablet. 

Neue therapeutische Konzepte werden in Kooperation mit Klinikpartnern entwickelt, CUREosity hat allerdings sein eigenes Medical Concepting Team, auch die Softwareentwickler und Spieledesigner sitzen Inhouse. 

CUREO konzentriert sich auf die Motorik des oberen Körpers und trainiert Bewegung, Gedächtnisleistung und Konzentration sowie Wahrnehmung. Über Künstliche Intelligenz kann CUREO automatisiert werden, so dass eine zuvor vom Therapeuten erstellte Trainingseinheit für die Patient:innen durchläuft; außerdem gibt sie Auswertungen von Therapieergebnissen, die Therapeuten in ihrer Arbeit unterstützen. 

CUREO gibt es aktuell ausschließlich in medizinischen Einrichtungen wie Physio- und Ergotherapie-Praxen sowie in der Neuropsychologie oder Kliniken und wird zur Rehabilitation bei MS, ALS, Wirbelsäulenerkrankungen, Parkinson oder nach Schlaganfällen angewendet. 

WWW.CUREOSITY.COM 


Die Beispiele der Düsseldorfer Biotech-Unternehmen zeigen: Auch wenn die rasante Entwicklung KI-basierter Software oft kritisch gesehen wird, überwiegt im medizinischen Bereich ihr Nutzen. Es bleibt spannend, welche weiteren Anwendungen in naher Zukunft in der Landeshauptstadt entwickelt werden. •


Words: Katja Vaders
Pictures: CUREOsity GmbH, Universitätsklinikum Düsseldorf, Cansu Ahlemeyer