Is Düsseldorf a city of art?

Düsseldorf und die Kunst – eine Liebesgeschichte, die schon mindestens seit dem 18. Jahrhundert währt: Im Jahr 1773 gründete Kurfürst Karl Theodor die Akademie, die Künstler:innen aus der ganzen Welt in die Landeshauptstadt zieht, die bis heute maßgeblich Düsseldorfs lebendige Kunstszene prägen. VIVID bat vier von ihnen, über ihr Leben und Arbeiten in der Landeshauptstadt zu erzählen.


Anna Vogel, Fotografie, die sie mit selbst entwickelten, manuellen Techniken überarbeitet.

Anna VOGEL

Ich verstehe mich als Künstlerin, da ich meinen Gedanken und Beobachtungen in den Medien meiner Wahl Ausdruck verleihen kann, in meiner selbst gewählten Zeit und Arbeitsweise, ohne irgendwelche Vorgaben von außen. Den größten Teil meiner Arbeitszeit verbringe ich im Atelier. Hier arbeite ich mit Fotografie, die ich mit selbst entwickelten, manuellen Techniken überarbeite, so dass sich eine zusätzliche, eher grafische Ebene entwickelt. Ich habe immer autonom entschieden, in welche Richtung meine Arbeit geht bzw. welche Themen mich interessieren. Natürlich tauscht man sich auch mit Galerist:innen aus und hört, was Sammler:innen über die Arbeiten sagen. Aber das hat mich wenig beeinflusst. Ich habe an der Kunstakademie bei Thomas Ruff, Christopher Williams und Andreas Gursky studiert. Seit meinem Abschluss 2012 kann ich von meiner Kunst in Düsseldorf leben. Die Stadt hat eine gute Größe. Man kennt viele Gesichter, wenn man in ihr unterwegs ist. Galerien, Museen und die Kunstakademie ziehen immer wieder neue Menschen an, so dass es nicht langweilig wird. •

Holger Kurt Jäger

Holger Kurz Jäger, Malerei. Zudem malt er Graffiti und tätowiert.

Den Genius-gefärbten Begriff „Künstler“ lehne ich ab und finde ihn einfältig und fade. Für mich ist er eher eng mit mehr Arbeit, mehr Denken und mehr Risiko verbunden. Das muss man schon wollen, allerdings nehme ich das auch als Wagnis wahr – ich liebe das Abenteuer. Angefangen habe ich mit 12 Jahren und mir Graffitimalen beigebracht, später habe ich eine Ausbildung zum Raumausstatter gemacht und mit 25 Jahren angefangen, Kunst zu studieren. Ein halbes Jahr nach meinem Abschluss habe ich alles auf eine Karte gesetzt, mich bei Galerien beworben und meine Kontakte bemüht. Das hat sehr gut geklappt, und seit 13 Jahren kann ich mich voll auf meine Arbeit im Atelier konzentrieren. Künstlerische Freiheit bedeutet für mich, dass ich die Ruhe habe, zehn Arbeiten gleichzeitig zu produzieren, die Ideen und die Denkansätze weiterzuverfolgen und ohne Einfluss von Außen fertigzustellen. Die Akademie und die Strahlkraft der jungen Kunstschaffenden sowie drei zeitgenössische Museen, machen für mich Düsseldorf zu einem Hotspot. Viele der etablierten Künstler:innen bleiben der Stadt treu, und es gibt eine große Off-Szene. Was ich vermisse, sind mehr bezahlbare Atelierräume und Wohnungen für Student:innen. Und mehr Toleranz bei öffentlichen Veranstaltungen seitens der Stadt. •

Norika Nienstedt, Collagen, Kunstpreis der Künstler der Großen Kunstausstellung NRW 2022

Norika Nienstedt

Eine Künstlerin definiere ich als offenen, freien Geist, der Freude an Bewegung, Entwicklung und Lernen hat und für den Kreativität sowohl Bedürfnis als auch Spiel ist. Es gibt Phasen, in denen ich zeichne oder male, aber den weitaus größten Teil meiner Zeit collagiere ich. Es ist eine sehr intuitive, meditative Art des Arbeitens, die mir sehr viel bedeutet. Ich habe von 1974-79 Freie Malerei an der Hochschule für Bildende Künste Städelschule in Frankfurt am Main studiert. Zu Beginn meines Künstlerlebens im Raum Heidelberg/Weinheim konnte ich von meiner Arbeit gut leben, weil ich schnell eine lokale „Berühmtheit“ erlangt hatte. Nach meinem Umzug nach Düsseldorf 1982 hat es sehr lange gedauert, bis ich hier die erste Ausstellungsmöglichkeit bekam. Erst seit einigen Jahren kann ich wieder von meiner Kunst leben. Künstlerisch betrachte ich mich als vollkommen frei, und das ist mir auch sehr wichtig. Ich nehme gerne Ratschläge und Kritik an, bin aber nur mir selbst verpflichtet. Düsseldorf wird zur Kunststadt durch die Kunstakademie, die gute Arbeit des Kulturamtes, die wachsende Zahl der spannenden Offräume. Was fehlt? Noch mehr Offräume! •

Anys Reimann, Malerei und Bildhauerei und Trägerin des Förderpreises für Bildende Kunst der Landeshauptstadt Düsseldorf 2023

ANYS REIMANN

Als Künstlerin bediene ich mich einer ureigenen Sprache, mit der ich freibeuterisch von Zuständen, Befindlichkeiten unserer Welt im Allgemeingültigen bis zum intimsten Persönlichen erzählen kann. Das, was mich „von Außen“ beeinflussen kann oder worauf ich mein Augenmerk richte, sind gesellschaftliche und politische Zustände, Ereignisse, lokal, global, Geschlechterfragen! Düsseldorf hat eine ungeheure Vielfalt an Kunsträumen jeglicher Art. Eine hohe initiative Dichte an Kulturschaffenden, großen Austausch und eine ebenso große Zahl an Interessenten. Den Begriff „Kunststadt“ halte ich allerdings für sehr übertrieben. Die überregionale Sichtbarkeit und Strahlkraft, das Stadtbild, könnte mit von Künstler:innen gefertigten, bleibenden, plakativen Aktionen bis hin zu auffallend eleganterer Wege-, Verkehrs-CI glänzen, radschlagende Männlein könnten mal kräftiger, zeitgenössischer Skulptur weichen. Und Kunst am Bau, ein Fach an der Kunstakademie, könnte progressiv bemerkbar eventuell neue Wahrzeichen und wechselnde Augenblicke schaffen. Mehr direkt das Renommee der Akademie einbinden, in mehr lebendige/städtische Projekte, wie das anderenorts gang und gäbe ist. •

Jan Albers

Als Künstler widmet man sein Leben der Kunst, dazu gibt es kaum eine Alternative. Neben der Arbeit im Atelier, ist das Ausstellen ein wichtiger Teil der künstlerischen Praxis. Jedes Kunstwerk lässt immer auch ein Stück weit die Persönlichkeit seines Urhebers erkennen.

Ursprünglich bin ich nach Düsseldorf wegen der Kunstakademie gekommen und habe mich dann bewusst dafür entschieden, hier zu bleiben, zu einem Zeitpunkt, als viele nach Berlin gegangen sind. Im Rheinland haben immer viele Künstler:innen gelebt, wir haben bedeutsame Museen, sehr gute Galerien und engagierte Sammler:innen. Lange wurde von hier mitbestimmt, welche Musik gespielt wird, das hat sich sicherlich etwas geändert. Die Kunstwelt ist um einiges größer geworden und doch ist das Rheinland nach wie vor ein guter Ausgangspunkt. 

Nach dem Studium gibt es keinen, der auf einen wartet. Man richtet sich in seinem Atelier ein, macht sich Gedanken darüber, was man zu sagen hat und versucht die Aufmerksamkeit zu bekommen, von der man glaubt, dass die Arbeit sie verdient hat. Dabei kann man auf Glück hoffen oder auf Hartnäckigkeit setzen, was mir als die wesentlich effektivere Methode erscheint.


Text: KATJA VADERS
Fotos: PR, Anna Vogel, Alexander Romey, Atelier Anys Reimann, Michael Jonas