Streetwear hype

 

Das Düsseldorfer Modeunternehmen LIVE FAST DIE YOUNG, kurz LFDY, gehört zu den bekanntesten und erfolgreichsten Streetwear Brands im deutschsprachigen Raum – und will jetzt international durchstarten. Vivid sprach mit CFO Karl Krumland über Markenidentität, Authentizität und Unabhängigkeit.

 

Die Geschichte von LFDY beginnt mit einer Siebdruckmaschine. In diese investiert der Düsseldorfer Lorenz Amend kurz nach seinem Abitur 2005, um sein Faible für Design auszuleben und T-Shirts zu bedrucken. Seine Inspiration sind Graffiti und Hip-Hop. Die Schnitte der Shirts wählt Amend bewusst Oversize – damals noch unkonventionell, heute prägender Stil der Straße. Er hat weder Mode studiert noch im Bekleidungsbereich gearbeitet, sondern sein Drive ist die Leidenschaft für Streetwear und die Lust auf Kreativität. Zunächst produziert er nur für den eigenen Bedarf in Handarbeit in einem Hinterhof in Flingern. Die Nachfrage steigt rasant und erste Verkäufe über Ebay folgen. Schließlich wird im Dezember 2012 die LIVE FAST DIE YOUNG Clothing GmbH gegründet und der Betrieb eines eigenen Onlineshops gestartet. Bereits neun Jahre später generiert LFDY mit Streetwear einen Umsatz im mittleren achtstelligen Bereich und zählt fünf eigene Stores, vor denen sich hundert Meter lange Schlangen beim „Drop“ einer neuen Kollektion bilden. Kein anderes deutsches Streetwearlabel wächst so rasant. 

LFDY zählt fünf eigene Stores,
vor denen sich hundert Meter lange Schlangen beim „Drop“ einer neuen Kollektion bilden.

Mit der Eröffnung eines Flagship-Stores in Amsterdam wird im Dezember 2021 die Internationalisierung der Marke eingeleitet. Eines hat sich seit den Anfängen im Hinterhof nicht geändert: LFDY ist ein Direct To Consumer Brand. Die Produkte werden ausschließlich auf der Internetseite und in den eigenen Stores verkauft. LFDY verzichtet bewußt auf Investoren ebenso wie auf klassische Werbung und setzt in der Kommunikation fast ausschließlich auf die sozialen Medien. Und bleibt so unabhängig und authentisch.

Die modische Handschrift des Labels: Oversized- und Boxy-Schnitte, feste Canvas- Qualitäten in Unifarben, provokante Prints. Bestseller aus der „360 g/m²“ Kollektion ist der „Felony Hooded“, ein schwarzer Kapuzenpullover mit rückseitigem Aufdruck eines Strafbescheides. In den Stores wird die Identität des Labels erlebbar. Wie in einem Showroom sind die Stücke nach verschiedenen Kollektionen aufgeteilt, hängen Einzelteile plakativ von der Stange zu lautem Rap, der durch die Boxen dröhnt. LFDY versammelt eine ganze Community treuer Fans hinter sich. Darunter Influencer, Musiker, Sportler und Künstler.

In den LFDY Stores mit Showroom-Charakter werden Shirts und Sweater wie Einzelteile präsentiert.


Ein Interview mit Karl Krumland, Chief Financial Officer LFDY

Herr Krumland, LDFY wächst dynamisch wie kaum
eine andere deutsche Modemarke. Wie erklären Sie sich diesen rasanten Erfolg?

Für dieses exponentielle Wachstum haben wir im Laufe der letzten Jahre den Grundstein gelegt. So ein Brand kann man nicht von heute auf morgen am Markt platzieren und auch nicht ‚künstlich‘ über Marketing-Zauberformeln reproduzieren. Wir sind nicht mit einem Businessplan gestartet, der dieses exponentielle Wachstum konkret vorgesehen hat – es ist aber eine sehr schöne Bestätigung unseres unternehmerischen Handelns. Ausgehend von einer sehr authentischen Brand haben wir ganz bewusst einige Stellschrauben gedreht: Neben dem Startschuss für unseren vierten Store, den wir 2019 in Berlin auf dem Ku’damm eröffnet haben, investierten wir parallel in tiefere Warenbestände, in unsere E-Commerce Aktivitäten, in den Ausbau der von uns in Eigenregie betriebenen Logistik sowie in das Personal und die Organisation. Der Mix aus Authentizität, konsequenter DTC-Ausrichtung in Verbindung mit einer Multichannel-Strategie sowie einem unkonventionellen und innovativen Marketingansatz ist die Basis unseres Erfolgs.

Wir sind nicht mit einem Businessplan gestartet, der dieses exponentielle Wachstum konkret vorgesehen hat.

Stichwort Expansion: Mit welchem Wachstum rechnen Sie in den nächsten 5 Jahren und was planen Sie für Schritte in der nahen Zukunft?

Nach exponentiellem Umsatzwachstum über die letzten drei Geschäftsjahre, ziehen wir dieses Jahr ganz bewusst ein Jahr der Konsolidierung ein. Das heißt für uns, dass wir die Organisationsstrukturen der Firma auf das erreichte Niveau anpassen. Wir planen für uns sehr konkret auf rollierenden 12-Monatsscheiben und entwickeln für die kommenden fünf Jahre eine Vision. 

Was unterscheidet Streetwear von anderen Modesegmenten? 

Streetwear hat die Modeindustrie infiltriert und ist zum Synonym für einen modernen Zeitgeist geworden. Was als Erweiterung der Skate- und Hip-Hop-Kultur begann, ist heute das Mindset internationaler Modewochen. Wer hätte gedacht, dass wir einmal Jordans auf dem Dior-Laufsteg sehen würden?
Bei Streetwear verlagerte sich der Schwerpunkt von der handwerklichen Verarbeitung der Kleidungsstücke auf die Marken-identität. Streetwear wird zu einer Form des Selbstausdrucks.

Wie machen Sie die Brand in Ihren Stores erlebbar?

Ein Store ermöglicht in einer vom E-Commerce getriebenen Welt ja schon unabhängig vom individuellen Konzept eine physische Erlebbarkeit. Darüber hinaus versuchen wir stets, durch die Innenarchitektur unsere aktuelle Vorstellung umzusetzen, wie LFDY sich als Brand präsentieren möchte. Wir schaffen eine Showroom-Ästhetik, indem jedes Kollektionsteil nur einmal, meist hängend präsentiert wird. Und gleichzeitig einen Lounge-Charakter mit der passenden Musik als Ort der Zusammenkunft für die LFDY-Community.

Was schätzen Sie am Standort Düsseldorf besonders?

Wir haben das große Glück, dass unsere Heimatstadt ein starker Wirtschaftsstandort, insbesondere im Hinblick auf die Kreativ- und Modewirtschaft ist. Dies ermöglicht uns, Mehrwert stiftende Netzwerke zu knüpfen und unser Unternehmen in einem sehr passenden Umfeld weiterzuentwickeln. Düsseldorf ist darüber hinaus eine sehr lebenswerte Stadt. 

Was fördert Kreativität und was killt sie?

Mit zunehmender Unternehmensgröße merken wir, dass es eine große Herausforderung ist, Kreativität mit der geforderten Professionalität sowie hohen Schlagzahlen in Verbindung mit dem notwendigen Grad an Planbarkeit zu vereinen. Mein Part in der Firma dreht sich um Zahlen, Administration und Organisation. Es war und ist stets eine Herausforderung, diese Welt mit der Welt Kreativschaffender zu vereinbaren. Es ist aber auch eine wesentliche Grundlage unseres Erfolgs, dass wir diese beiden Welten ganz gut zusammenbekommen. 

Wie lebt und kommuniziert LFDY das Thema Nachhaltigkeit?

Im Zusammenhang mit dem Wachstum der letzten Jahre wird Nachhaltigkeit zunehmend relevanter für uns. Es ist ein Anliegen der Geschäftsführung sowie dem gesamten Team, dass wir gewisse ESG-Kriterien einhalten und dies fordern wir auch aktiv bei unseren Lieferanten ein. In diesem Zusammenhang haben wir uns im ersten Schritt dem Netzwerk ‚amfori‘ angeschlossen, dem weltweit führenden Unternehmensverband für freien und nachhaltigen Handel. Über dieses Netzwerk können wir bspw. Lieferanten nach ESG-Kriterien screenen oder Audits unserer Produktionsstätten durchführen lassen. Darüber hinaus konnten wir die in Umlauf gebrachte Menge an Plastik durch die Umstellung der Versandverpackungen auf Pappe reduzieren. Wir suchen für die Zukunft nach Möglichkeiten, defekte Ware recyclen zu können und den verbleibenden Plastikeinsatz durch nachhaltigeres Material zu ersetzen. •

livefastdieyoung.com


LFDY in numbers

  • Founded in: 2012

  • Managing directors: Lorenz Amend (Founder & CEO), Karl Krumland (CFO / COO)

  • Turnover: approx. 50 million euros in 2021, increase by more than 160 percent on average in the past 3 years (CAGR)

  • Employees: 100

  • Stores: Düsseldorf-Ackerstraße, Munich-Lindwurmstraße, Cologne-Ehrenstraße, Berlin-Kurfürstendamm, Amsterdam-Hartenstraat


Words Karolina Landowski
Pictures Konstantin Lider