Kunst trifft Aida Rizvo

“It's all about doing what brings you joy“

Aida Rizvo bezeichnet sich selbst als bodenständigen Paradiesvogel. Als Gastarbeiterkind im Ruhrgebiet aufgewachsen, legte sie eine steile Karriere unter anderem bei Henkel und C&A hin, gründete ein eigenes Beratungsunternehmen in Asien und ist jetzt CEO beim mittelständischen Unternehmen JEMAKO im Münsterland. Im Netzwerk „Beyond Gender Agenda“ macht sie sich stark für Diversität in der Wirtschaft. VIVID-Herausgeber Rainer Kunst unterhielt sich mit der Düsseldorferin über das Nutzen von Karrieregelegenheit, die Herausforderungen bei einer Nachfolgeregelung, den Sinn von Frauenquoten und die Liebe zur Landeshauptstadt.

Aida, inwiefern hast Du eine solch abwechslungsreiche und steile Karriere vorher geplant und dabei Deine Entscheidungen für den jeweils nächsten Schritt getroffen?

Ich komme aus einer Gastarbeiterfamilie, habe also eine Karriere in der Form nicht vorgelebt bekommen. Das hat sich so ergeben. Wie Puzzleteile, die sich immer weiter hinzugefügt haben. Bestimmte Dinge kann man sicher planen, andere aber nicht. Mir war zum Beispiel schon sehr früh klar, dass ich Marketingchefin sein möchte. Und ich habe mir auch immer schon gut vorstellen können ins Ausland zu gehen und als sich dann die Gelegenheiten geboten haben, habe ich diese einfach genutzt. Intuitiv tendiert man meistens ja auch eher in die eine oder andere Richtung, wenn eine Entscheidung zu treffen ist. Ich finde, man lernt in jedem Karriereschritt etwas, jede Erfahrung hat ihre positiven Seiten. Wenn ich irgendwann alt bin und im Schaukelstuhl sitze, werde ich jedenfalls nicht bereuen, dass ich etwas gewagt habe, was dann vielleicht auch nicht so funktioniert hat.super!

„Wenn ich irgendwann alt bin und im Schaukelstuhl sitze, werde ich jedenfalls nicht bereuen, dass ich etwas gewagt habe, was dann vielleicht auch nicht so funktioniert hat.“

Hattest Du Mentoren, die Dich begleitet haben auf diesem Weg?
Ich habe immer Vorgesetzte gehabt, die wirklich gute Mentoren und Förderer, gute Sparringspartner waren. Aber das können auch Menschen aus dem nicht-beruflichen Umfeld sein. Das ist für mich auch Mentoring, dass man sich zu einem bestimmten Thema intensiv gemeinsam austauschen kann. Das bringt einen einfach immer weiter. 

Welchen Rat würdest Du jüngeren Menschen mit auf den Weg geben in puncto Karriere machen? Was ist wichtig dabei?
Auch wenn es banal klingen mag: Es geht im Endeffekt darum das zu machen, was Freude bereitet. Dafür wird man immer auch die Extrameile gehen und das wird man meistens auch gut machen. Ich finde es auch wichtig mutig zu sein und Gelegenheiten zu nutzen, wenn sie sich bieten. Und dann offen zu sein zum Beispiel auch für einen neuen Ort oder ein komplett neues Thema. Das kostet Kraft, aber meistens zahlt es sich aus, finde ich.

Dein jetziger Arbeitgeber JEMAKO, ein mittelständischer Anbieter von Reinigungslösungen, ist seit über 20 Jahren am Markt und stetig auf Wachstumskurs. Wohin soll die Reise noch gehen und welche Themen sind besonders wichtig?

In den bestehenden Märkten, von denen Deutschland der größte ist, haben wir noch sehr viel Potenzial. Es gibt noch einige weiße Flecken, wo wir noch keine Vertriebspartner haben. Die Produkte von JEMAKO sind sehr langlebig, Nachhaltigkeit steckt in der Marken-DNA. Aber wir wollen noch besser werden und befinden uns gerade in einem spannenden und tiefgreifenden Transformationsprozess, um die beiden Megathemen Digitalisierung und Nachhaltigkeit übereinzubringen und zu sehen: Wie beeinflussen sie sich gegenseitig und was muss ich zuerst machen etc.? Das ist meiner Meinung nach die größte Herausforderung für alle Unternehmen derzeit, egal ob Mittelständler oder Konzern.

Du warst bei JEMAKO zunächst Co-CEO und bist seit Oktober 2021 CEO, während die beiden Gründer und Geschäftsführer nun im Beirat sitzen. So eine Nachfolgeregelung ist eine der größten Herausforderungen, die ein Unternehmen haben kann. Wie seid ihr das angegangen? 

Mit brutaler Ehrlichkeit und ganz, ganz viel Kommunikation von Anfang an! Ich habe ja mitten in der Coronazeit angefangen, also haben wir jeden Tag stundenlang telefoniert und uns intensiv ausgetauscht. Ich wollte genau wissen: Passe ich zur Firma, passe ich zu den Mitarbeitern? Ist JEMAKO bereit mit mir den Modernisierungsweg zu gehen? Für mich war es total wichtig zu verstehen, welche Zukunftsvision die Gesellschafter haben und wie sie das Unternehmen weitergeführt haben wollen. Schließlich weiß ich durch meine eigene Selbstständigkeit was es heißt ein eigenes Geschäft zu führen und ich habe einen riesigen Respekt davor, welches Lebenswerk die beiden Gründer auf die Beine gestellt haben – eine Firma mit mittlerweile fast 320 Beschäftigten und rund 4.000 Vertriebspartnern. Und diese offene Kommunikation zwischen uns Dreien funktioniert sehr gut.

Du bist im Beirat von Beyond Gender Agenda, dem wichtigsten Netzwerk in der deutschen Wirtschaft für Diversity, Gleichstellung und Inklusion. Deine Expertinnen-Einschätzung: Führen weibliche CEOs anders als männliche? 

Die Frage passt auch ganz gut zu meiner vorherigen Antwort: Ich glaube tatsächlich, dass diese Nachfolgeregelung auch deswegen gut gelungen ist, weil ich eine Frau bin. Weil es Frauen tendenziell weniger darum geht Recht zu haben, sondern in der Sache das Richtige zu tun. Ich will damit nicht sagen, dass Männer nicht empathisch sind, aber ich habe oft erlebt, dass eine andere Dynamik besteht, wenn nur Männer untereinander sind. Eine Frau bringt in Anführungszeichen eine gewisse Weichheit da rein, die aber gut ist für die Sache. Man kommt auf das gleiche Ergebnis, aber vielleicht auf eine elegantere Art.

Welche Einstellung hast Du zur Frauenquote?

Ich war jahrelang zunächst gegen die Frauenquote. Das hat sich durch meine Arbeitserfahrung im Ausland geändert. Ich habe lange in Malaysia gelebt, das als Entwicklungsland gilt, in Sachen Diversity aber zum Beispiel sehr fortschrittlich ist: Viele CEO-Posten in typisch männlichen Branchen wie Banken- und Versicherungssektor oder Automobilindustrie werden dort von Frauen besetzt. Als ich dann aus Asien zurück nach Deutschland gekommen bin, ist mir erst richtig bewusst geworden, wie rückschrittig wir in Deutschland in Sachen Diversity noch sind. Deswegen bin ich mittlerweile absolut für die Frauenquote, weil es sonst nicht funktioniert.

„Als ich dann aus Asien zurück nach Deutschland gekommen bin, ist mir erst richtig bewusst geworden, wie rückschrittig wir in Deutschland in Sachen Diversity noch sind.“

Welchen Bezug hast Du zu Düsseldorf?

Ich bin im Ruhrgebiet aufgewachsen, also nicht weit weg, und habe bereits viele Jahre in Düsseldorf gelebt, bevor es ins Ausland ging. Als ich zurückgekommen bin, wollte ich nah bei meinem Eltern sein und da fiel die Wahl auch wieder auf Düsseldorf. Ich finde immer noch, dass das eine wunderschöne und lebenswerte Stadt ist, die einem sehr viel bietet. Ich habe hier wahnsinnig viel Kultur, ein gutes Netzwerk und eine super Verkehrsanbindung: Von meinem Zuhause aus sind es zwei S-Bahn-Stationen bis zum Flughafen und von dort kann ich international fliegen, das ist einfach toll. Deswegen nehme ich auch das Pendeln nach Rhede gerne in Kauf. Ich fahre mit dem Auto antizyklisch und brauche dann rund eine Stunde pro Fahrt, das geht gut. So habe ich das Beste aus zwei Welten: eine tolle Stadt und gleichzeitig eine tolle berufliche Aufgabe! •


About Aida Rizvo

  • Born in
    Sarajevo, Bosnien Herzegovina 

  • 1998-2009
    Marketing and Communication at
    Edelman PR, Henkel & Remington 

  • 2009-2010
    MBA, IE Business School, Madrid 

  • 2011-2012
    Regional Marketing Director Asia Pacific, Henkel, Shanghai

  • 2012-2018
    Own consulting firm in Kuala Lumpur

  • 2018-2019
    CMO C&A, Düsseldorf

  • since 2020
    CEO JEMAKO, Rhede 


About Jemako

Jemako ist Entwickler, Produzent und Direktvertrieb für nachhaltige Premium-Reinigungslösungen. Zum Portfolio gehören Textilien sowie Reinigungs- und Pflegeprodukte für den gesamten Haushalt und darüber hinaus. Die Artikel werden nach höchsten „Made in Germany“-Produktionsstandards im münsterländischen Rhede hergestellt. Mit über 300 Mitarbeitern setzt JEMAKO auf saubere Leistung, ein sauberes Miteinander sowie einen sauberen Weg in die Zukunft.
www.jemako.com


Words Tom Corrinth
Pictures CELINE AL-MOSAWI