Die Mobilität von morgen

Jeden Werktag pendeln 300.000 Menschen nach Düsseldorf, um hier zu arbeiten. Gleichzeitig verlassen 100.000 Menschen jeden Tag die Stadt, um zur Arbeit zu fahren. 75 Prozent der Autofahrer sitzen dabei alleine in ihrem Auto. Das soll sich ändern.

Die ideale Stadt der Mobilität 
bedeutet Lebensqualität. Mehr Bewegungsfreiheit für die Bürger, flexible und unkomplizierte Verbindungen durch die Stadt, weniger Lärm, sauberere Luft – und innovative Mobilitätskonzepte, die dann auch gerne genutzt werden. Deshalb müssen gute Ideen her: Wie können wir Carsharing weiterdenken? Wo müssen Transportlücken geschlossen werden, wegen denen Bürger lieber das eigene Auto nehmen? Welche Rolle spielt die Digitalisierung der Stadt? Ließe sich der Nahverkehr nicht besser vernetzen? Wie kann die derzeitige Diskussion um Fahrverbote von Autos oder den kostenlosen öffentlichen Nahverkehr positiv genutzt werden? Um das zu beantworten, braucht es eine Vision.

Daran arbeitet Düsseldorf. „Wir müssen an die Gesamtsituation heran“, sagt Verkehrsdezernentin Cornelia Zuschke. Sie spricht von „der Stadt der kurzen Wege“, multifunktionalen Straßen und barrierefreien und leichten Umstiegsmöglichkeiten von einem Verkehrsmittel auf das andere. Kurzum: mehr flexible Mobilität für die Menschen. Von heute auf morgen ist so etwas nicht umzusetzen.

„Was brauchen die Bürger, um mobil zu sein – das ist die zentrale Frage, die wir uns stellen“, sagt auch Martin Giehl. Er ist Leiter der Abteilung „Technik, Umwelt und Qualitätssicherung“ bei den Stadtwerken Düsseldorf und gehört zu einem Team, das an neuen Mobilitätskonzepten für Düsseldorf arbeitet. Dieses Projekt haben die Stadtwerke Düsseldorf, die Rheinbahn und die Stadt gemeinsam angestoßen. Ziel: ein gesamtheitliches Mobilitätsangebot schaffen, das barrierefrei und digital funktioniert.

Dafür sollen bis zum Jahresende zwei Konzepte der Düsseldorfer Mobilitätsexperten realisiert werden. Teil eins ist die digitale Vernetzung aller Angebote, die innerhalb Düsseldorfs mobil machen: „Wir brauchen dazu eine App, über die sich die Bürger über Mobilitätsangebote informieren, sie auch buchen und auch bezahlen können“, sagt Giehl. „Dabei sollen der Nahverkehr und die verschiedenen Sharing-Produkte, die es heute gibt oder in Zukunft geben wird, miteinander verknüpft werden.“

Wir schaffen eine
Stadt der kurzen Wege

Vom öffentlichen Nahverkehr über Bikesharing und Elektroroller bis zum Carsharing bietet Düsseldorf bereits eine große Palette an Mobilitätsangeboten – und die sollen gebündelt in einer App für Düsseldorf angezeigt und gebucht werden können. Frei von Konkurrenzdenken soll für die Düsseldorfer und für Besucher der Stadt der gesamte Sharing-Markt auf diesem Weg gebündelt werden: „Die Idee ist es, das Angebot farbenfrei und offen zu machen“, sagt Giehl. „Wir rechnen damit, dass weitere Produkte dazu kommen und wir wollen wirklich das komplette Programm für Düsseldorf bieten – dafür muss es für alle Mobilitätsangebote offen sein.“

Ein fertig ausgearbeitetes Konzept für die App liegt bereits vor – nun muss programmiert werden: „Wir wollen bald in die Umsetzung gehen“, sagt Giehl. Wer das übernehmen wird, steht noch nicht fest – in den Reihen von Stadtwerke, Rheinbahn und Stadt sind entsprechende Programmierer eher weniger zu finden. „Ich denke, dass es schon eine Reihe von Produkten am Markt gibt, die man für unser Konzept nutzen könnte“, sagt Giehl. „Es wird wohl eine Kombination aus eigenen Ideen und externer Unterstützung sein.“

Wenn alles gut läuft, wird im Herbst für eine ausgewählte Gruppe eine erste Testversion verfügbar sein. „Wir gehen davon aus, dass wir das Angebot 2019 für die Düsseldorfer starten können“, sagt Giehl.

Mit einer App alleine ist es aber nicht getan. Sharing-Angebote und zugehörige Apps gibt es schließlich bereits zahlreiche in der Stadt – mal mehr, mal weniger gut genutzt. Sie auf einem Marktplatz zusammenzubringen, ist jedoch nur der halbe Weg zur Vision von einem mobilen Düsseldorf. Wo es in Sachen urbane Mobilität heute noch hakt, sind die Anschlüsse zwischen den Mobilitätsangeboten: „Die Umsteigemöglichkeiten müssen optimiert werden“, sagt Giehl. „Wir haben heute einen Verbesserungsbedarf von der ersten Meile auf den öffentlichen Nahverkehr und vom ÖPVN auf die letzte Meile – also die letzten hundert oder tausend Meter bis zur Arbeit oder Zuhause. Und da wollen wir ein flexibles Angebot schaffen“, erklärt er.

Stadt, Rheinbahn und Stadtwerke sehen dafür sogenannte Mobilitätsstationen als Lösung. Dafür soll es konkrete Flächen in der Stadt geben, die als solche gekennzeichnet sind. Diese Mobilitätsstationen liegen nahe bei mindestens einer stark frequentierten Nahverkehrshaltestelle und sollen Haltepunkte für Sharing-Anbieter sein. Dadurch soll das Umsteigen von Bus und Bahn auf E-Roller, Fahrrad oder Auto einfacher und praktischer werden. „Die Mobilitätsstationen muss man sich wie Umschlagplätze vorstellen, durch die ein möglichst effizienter Umstieg von einem Sharing-Produkt auf den ÖPNV oder andersherum geschaffen wird“, beschreibt es Giehl.

Wir müssen das Umsteigen optimieren

Hier liegt das fertige Konzept bereits auf dem Tisch: „Wir wissen, wie diese Stationen aussehen müssen und was sie kosten werden“, sagt Giehl. Auch welche Rheinbahn-Haltestellen sich als hochfrequentierte Umstiegspunkte anbieten würden, ist durch Analysen bereits ermittelt worden. „Nun suchen wir gerade nach geeigneten Flächen“, sagt Giehl. Mögliche Standorte wären laut Verkehrsdezernentin Zuschke zum Beispiel in Bahnhofsnähe, an den Arkaden in Bilk und Am Seestern.

Im ersten Schritt möchten die Initiatoren zum Projektstart im nächsten Jahr zwei bis sechs Stationen bereits aufgebaut haben. „Perspektivisch sollen es natürlich mehr werden – da haben wir, grob gesagt, einen mittleren zweistelligen Bereich als Ziel im Blick“, sagt Giehl. Er ist sich sicher: Die Konzepte, die jetzt erarbeitet werden, seien so realistisch, dass sie zeitnah umgesetzt werden können.

„Über gute Projekte und über Meilensteine können wir einen breiten Weg der Verbesserung entwickeln“, sagt Verkehrsdezernentin Zuschke. Und auch wenn vielleicht nicht alles zur Perfektion gelänge und nicht alle Konzepte so funktionierten, wie geplant: „Die Hauptsache aber ist, wir machen uns auf den Weg.“


DREI MOBILE KONZEPTE FÜR DÜSSELDORF

Smarte Logistik für Pakete

Nicht nur der Pendlerverkehr verstopft die Straßen und verschmutzt die Luft in Düsseldorf. Auch der Lieferverkehr hat erheblichen Anteil daran. Ein Konzept für die Zukunft soll den reduzieren. Mit einer einfachen Idee soll der Düsseldorfer Logistikverkehr reduziert werden. Das Ziel: Paketlieferungen smarter und vor allem effizienter und emissionsärmer machen. Schließlich ist davon auszugehen, dass Paketlieferungen aufgrund des boomenden Online-Handels weiter zunehmen werden. Um die Paketflut effizient abzuwickeln und den Lieferverkehr durch elektrische Fahrzeuge emissionsarm zu gestalten, wurde das Konzept der sogenannten „Microhubs“ entwickelt, eine Art von smarten Umschlagplätzen. Von dort aus sollen Pakete ihrem Zielort entsprechend umverteilt werden. Anschließend sollen sie optimal sortiert zu den Häusern geliefert werden – natürlich in Fahrzeugen mit elektrischen Antrieben. Laut Stadtwerke-Verkehrsexperten Martin Giehl könnte das Konzept zügig realisiert werden: „Im Moment tun sich allerdings die Branchenbeteiligten noch schwer, aber wir hoffen, dass wir auch dort irgendwann einen Durchbruch haben werden, sodass diese Idee umgesetzt werden kann.“

Ein Vorbild gibt es bereits: In der Hamburger City werden bereits heute in einem Projekt des Paketlieferanten UPS und der Stadt Hamburg jeden Tag Pakete auf diese Art ausgeliefert. Von vier vorsortierten Containern aus verteilen E-Autos die Pakete im Viertel. UPS und die Stadt Hamburg bewerten das Projekt bereits als Erfolg.

Sensoren für die 
Parkplatzsuche

Wie kann Verkehr optimiert und der Verkehrsfluss effizienter gestaltet werden? Derzeit werden gerade so genannte Verkehrssensoren konzipiert. Sie sollen an Straßenlaternen und Häuserwänden angebracht werden und so Straßen und Parkplätze scannen können. Mithilfe einer passenden Applikation können Autofahrer so leichter einen Parkplatz finden. Gerade die Suche nach Parkplätzen erhöht noch einmal die Emissionsbelastung in der Stadt enorm – ganz zu schweigen von der Zeitverschwendung und dem Stress für die Autofahrer.

Der e-Roller als sharing-Produkt

Eddy heißt der Elektroroller, den die Stadtwerke Düsseldorf seit August 2017 als Sharingprodukt anbieten. Eddy ist eine Kooperation mit dem Berliner Start-up Emmy, das in der Hauptstadt ein vergleichbares E-Roller-Sharing anbietet. Gemietet wird über eine App. Bezahlt wird nach Minuten- oder Kilometertarif. Parken ist in der erweiterten Düsseldorfer Innenstadt möglich. Mörsenbroich, Eller und Lörick liegen aber jenseits der Eddy-Grenze. Die Stadtwerke sind mit der Auslastung zufrieden: 4000 Kunden würden das Angebot aktiv nutzen. Deshalb planen die Stadtwerke das Geschäft auch weiter auszubauen. Die Flotte von derzeit 100 E-Rollern soll bis zum Jahresende auf 500 vergrößert werden. Perspektivisch sollen es dann noch mehr werden.

www.eddy-sharing.de

Text: Katja Joho