Den Neugierigen gehört die Welt

Wie sich Unternehmen für die Zukunft fit machen! So funktioniert die Arbeit der Zukunft! 
Diese Plattitüden hört man immer wieder. Dabei gibt es keinen universellen Paradeweg, den man befolgt, und der zukünftige Erfolg stellt sich automatisch ein. Unsere Welt verändert sich gerade mit Lichtgeschwindigkeit, aber schon immer mussten sich Unternehmen für die Zukunft aufstellen, vorausschauend planen. Manchmal gelingt das, manchmal nicht. Keiner weiß, was wird. Das Wichtigste ist, wissbegierig zu bleiben. Stillstand war noch nie von Erfolg geprägt.

Nehmen wir zum Beispiel Net­flix, gegründet 1997. Ja, richtig gehört, 1997. Ursprünglich war Netflix ein Onlinevideoverleiher. Für eine monatliche Grundgebühr, ähnlich wie in einem Fitnessstudio, konnte man sich so viele DVDs zusenden lassen, wie man wollte. Bingewatching war auch damals schon möglich. Das Entscheidende an Netflix’ Erfolgsgeschichte ist aber etwas ganz anderes. Gründer Reed Hastings hat immer nach Möglichkeiten gesucht, wie er sein Geschäftsmodell weiterentwickeln kann. 2000 machte er dem damaligen Videothekenriesen Blockbuster eine Offerte: Er wollte die Marke online vertreiben und mit dem eigenen Namen in die Filialen reinkommen. Der frühere Finanzchef von Netflix Barry McCarthy erinnert sich, dass sich die Chefetage des damaligen Verleihriesen über das Angebot amüsierte. 2013 meldete Blockbuster Insolvenz an. Netflix ist mehr als 100 Milliarden Dollar wert. Das Unternehmen hat heute über 130 Millionen Nutzer weltweit, die eine monatliche Gebühr entrichten, um sich Serien und Filme anzusehen. 24 Stunden am Tag, egal an welchem Ort. 

Hastings hat frühzeitig erkannt, welche Möglichkeiten ihm veränderte Bedingungen bescheren, und diese in einem mehr als erfolgreichen Geschäftsmodell umgesetzt. Während meiner Zeit bei der Mediengruppe RTL unterhielt ich mich mit einem meiner Vorgesetzten über Netflix. Es war 2015, und man konnte Netflix nur über die Website des Anbieters direkt anschauen. Ich merke an, dass ich glaube, dass ein unvorstellbares Potenzial in dieser Form der Bewegtbildverbreitung steckt, leider habe ich damals keine Aktien gekauft. Mein Lunchpartner sagte: “Dafür senden wir pro Tag sieben Stunden live.“ Das mag sein, aber das ist, wie wir heute mehr denn je wissen, kein Merkmal für Erfolg. 

Netflix sendet in die ganze Welt, produziert eigene Inhalte von hochwertiger Qualität und hat einen Algorithmus mit Suchtfaktor. Reed Hastings hatte bestimmt auch ein bisschen Glück. Trotzdem hat er die Zeichen der Zukunft erkannt, bevor es andere taten, und so weiß fast jeder Bescheid, wenn man heute sagt: “Sorry, ich bleibe zu Hause, ich werde heute netflixen.“ •

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Autor: Britt Wandhöfer