Smart Traffic

Wie werden wir uns in Zukunft fortbewegen? Bestenfalls schneller, sicherer, gleichberechtigter – und emissionsfreier. Startups und Verkehrsbetriebe nutzen bereits digitale Tools und KI, um Mobilität in der Stadt für alle zu optimieren.


Digitalisierung im Straßenverkehr bedeutet weitaus mehr als Elektroautos oder autonomes Fahren. In allen Bereichen der Mobilität werden digitale Wege gesucht, um für mehr Sicherheit zu sorgen und die Verkehrsführung zu optimieren und nachhaltiger zu gestalten. Maßgeblich hierfür sind Sensoren, Daten, Analytics und Künstliche Intelligenz. In Sachen Digitalisierung spielt Düsseldorf im Bundesvergleich weit vorne mit. Die Stadt ist deutschlandweit führend, was Dashboards für Scooter betrifft, mit denen Scooter-Verkehr nachverfolgt werden kann.

Als Testfeld für autonomes Fahren beim Forschungsprojekt „KoMoD - Kooperative Mobilität im digitalen Testfeld Düsseldorf“ war die Stadt Teil des 14,8 Millionen schweren Förderprogramms „Automatisierung und Vernetzung im Straßenverkehr“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). In dem Projekt wurden die verschiedensten Anforderungen an vernetztes und vollautomatisiertes Fahren und Parken entwickelt und einzelne Testszenarien erforscht. Neben dem autonomen Parken und Befahren von Teststrecken, dienten Fahrzeuge hier als mobile Sensoren, um Gefahrensituationen, Unfälle und Störungen im Testfeld zu erkennen und diese an die Fahrer und die Infrastruktur zu kommunizieren. Smarte Kommunikation steht ebenfalls im Mittelpunkt des aktuellen Projekts VinDUS, dem Aufbau eines umweltsensitiven Verkehrssystemmanagements zur Verkehrsinformation und dynamischen Steuerung. Hierbei werden laufend aktuelle Verkehrs- und Umweltdaten erhoben.

Diese bilden die Grundlage für eine intelligente Verkehrstechnik, die in Echtzeit auf die Werte reagiert und Ampelphasen, Höchstgeschwindigkeiten und Verkehrsinformationen stets der aktuellen Situation anpasst. Die Informationen sowie die daraus resultierenden Maßnahmen zur Luftreinhaltung sollen in dem Modellprojekt dem Verkehrsteilnehmer möglichst vor Antritt der Fahrt zur Verfügung gestellt werden. An drei Ampelanlagen in Düsseldorf ist die umweltsensitive Lichtsignalsteuerung bereits in Betrieb.

Smarte“ Straßenlaternen helfen auf der Düsseldorfer „Straße der Zukunft“ mit Detektoren bei der Parkplatzsuche und bieten Lademöglichkeiten für E-Autos.

Besser Fortbewegen

An den Mobilitätsstationen der Connected Mobility Düsseldorf GmbH können Verkehrsnutzer easy zwischen verschiedenen Fortbewegungsmitteln wechseln.

Im Zuge des Mobilitätsplan D, der Maßnahmen und Ziele für die Düsseldorfer Verkehrsentwicklung bis zum Jahr 2030 festschreibt, entstehen derzeit immer mehr Mobilitätsstationen, die als zentrale Umstiegshubs alternative Mobilitätsangebote zur Verfügung stellen. Rund um die Uhr können Düsseldorferinnen und Düsseldorfer dort auf verschiedene Fortbewegungsangebote zugreifen. Das Sharing-Konzept umfasst digital mietbare Fahr- oder Lastenräder, E-Scooter und elektrisch betriebene Autos. Bis Ende 2022 wurden die ersten sechs Stationen in Unterbilk und Bilk durch die Connected Mobility Düsseldorf GmbH (CMD), eine 100% Stadttochter, errichtet. Bis 2030 sollen bis zu 100 Stationen eingerichtet werden – an belebten Wohnquartieren, Bahnhöfen, Supermärkten und Veranstaltungsorten. Als Teil der digitalen Verkehrswende zu einer saubereren Luft in Düsseldorf soll auch die App Traffic Pilot beitragen. Mit dem Angebot können Radlerinnen und Radler im gesamten Düsseldorfer Stadtgebiet komfortabel auf der „grünen Welle“ reiten. Die App zeigt ihnen die dafür richtige Geschwindigkeit an und soll für gleichmäßigeres Radfahren sorgen, eine Verhinderung unnötiger Stopps und die Vermeidung von starken Brems- oder Beschleunigungsmanövern. Die App kann auch für das Auto benutzt werden und hilft dabei, die Fahrstrategie an die Ampelschaltungen anzupassen, um mit der Anpassung der Geschwindigkeit den Kraftstoffverbrauch sowie die Schadstoffbelastung zu reduzieren. Rund 70 Prozent der mehr als 600 Ampelanlagen in Düsseldorf unterstützen Traffic Pilot bereits.

Smarter Parken

In Düsseldorf sind circa 314.000 PKW zugelassen. Jeder Düsseldorfer stand im Jahr 2020 durchschnittlich 27 Stunden im Stau, von der nervenaufreibenden Parkplatzsuche in der Innenstadt ganz zu schweigen. Mit der Parkplatzproblematik befasst sich das SmartCity-Modellprojekt am Fürstenwall mit seiner innovativen Sensorik für Parkplatzmanagement. „Smarte“ Straßenlaternen helfen auf der Düsseldorfer „Straße der Zukunft“ mit Detektoren bei der Parkplatzsuche und bieten Lademöglichkeiten für E-Autos. Bei rund 170 Parkplätzen am Straßenrand wird bereits mit Hilfe von Sensoren an den Laternen die Belegung erfasst und in Echtzeit ins Internet übertragen. So können Autofahrer per Smartphone erkennen, wo sich freie Parkplätze befinden. Außerdem sind an den Laternen auch Sensoren verbaut, die Daten zum Verkehrsfluss sowie Umwelt- und Wetterdaten liefern. Aber auch junge Startups beschäftigen sich mit der Parkplatzproblematik.

Freie Parkplätze per App: ParkEfficient Gründer Florian Bosch und Maximilian Wilms ermöglichen mit ihrer Anwendung die nächtliche Nutzung von leerstehenden Unternehmens-Parkplätzen für Privatleute. 

Das 2017 gegründete Düsseldorfer Unternehmen ParkEfficient hat ein Programm entwickelt, das Autofahrerinnen und Autofahrer ermöglicht, nachts Tiefgaragen und Abstellflächen von Unternehmen zu nutzen. Mehr als 100.000 Parkplätze könnten so nutzbar werden, denn die meisten Unternehmen in Düsseldorf haben Stellflächen in Tiefgaragen oder auf Außenflächen, auf denen tagsüber oder nachts niemand steht. Die App von ParkEfficient zeigt, wo welches Unternehmen Plätze zur Verfügung stellt. Eine Kamera liest das Kennzeichen und schon geht die Schranke hoch. Aber das Düsseldorfer Start-up hat weitere ambitionierte Pläne: Gemeinsam mit dem Düsseldorfer Unternehmen Rhein-Taxi strebt ParkEfficient eine KI-basierte Verteilung des Pendlerverkehrs auf verfügbare Park&Ride Angebote an. An relevanten Schlüsselpunkten sollen für Pendler Umsteigemöglichkeiten geschaffen werden, an denen vom Auto auf alternative klimafreundliche Anreisemöglichkeiten gewechselt werden kann. Relevante Knotenpunkte werden durch datenbasierte Verkehrsanalysen identifiziert. Gleichzeitig werden Pendler über optimierte Anreisemöglichkeiten informiert.

KI Technologien sind
gerade für Taxiunternehmen und den ÖPNV spannend, um Services zu optimieren und Ressourcen zu schonen.

Schneller ans Ziel

KI Technologien sind gerade für Taxiunternehmen und den ÖPNV spannend, um Services zu optimieren und Ressourcen zu schonen. So sollen bei dem Taxiunternehmen Rhein-Taxi noch in diesem Jahr KI-Modelle genutzt werden, um Nachfragemuster für Taxis zu extrahieren und für Sektoren und Zeiträume vorherzusagen. Sie erfassen aktuelle Positionen und Verfügbarkeit von Fahrern zum Ableiten von Empfehlungen. Intelligente Algorithmen unterstützen die Schichtplanung und ermöglichen eine optimale Steuerung der Fahrerbedarfe. Automatisierte Standortempfehlungen basierend auf der erwarteten Nachfrage steigern die Auslastung der Fahrer. Mit Realtime Analysetools wie Heatmaps können auch klare Bewertungen über das Verkehrsnetz einer Stadt durchgeführt werden, um daraus Planungen abzuleiten. Und auch die Rheinbahn setzt neben einer neuen App auf digitale Abläufe, um den Verkehrsfluss zu optimieren. Der ÖPNV ist mit einem Anteil von 21% am innerstädtischen Verkehr im Jahr 2019 ein wichtiges Verkehrsmittel in Düsseldorf.

Digital in die Zukunft wollen auch Dienstleister wie Rhein-Taxi Düsseldorf. Geschäftsführer Michael Mühlin baut die
entsprechende Sensorik in der E-Werkstatt des Unternehmens ein

Knapp 229 Millionen Fahrgäste befördert die Rheinbahn jährlich. Für erhöhte Zuverlässigkeit und verminderte Verlustzeiten sammelt eine Software alle Fahrtdaten ein und wertet vordefinierte Analysen und Kennzahlen nachts bereits automatisch aus. So ist es möglich, die Jahresauswertung einer ganzen Linie innerhalb weniger Sekunden zu erfassen. Das Rheinbahn-Projekt „Beschleunigung“ hat sich zum Ziel gesetzt, dass die Fahrzeuge weniger an den Ampel warten müssen und so keine unnötigen Zeitverluste entstehen. Damit die Beschleunigung des ÖPNV an den Lichtsignalanlagen gelingen kann, wird ein entsprechend ausgerüstetes Fahrzeug, eine Infrarotbake und ein funkfähiges LSA-Steuergerät benötigt. Immer mehr Ampelanlagen im Stadtgebiet werden aufgerüstet und sind in der Lage mit Bussen und Bahnen zu kommunizieren und lichtsignalgeregelte Knotenpunkte so nahezu ohne Verzögerung zu passieren. •


Words Karolina Landowski
Pictures iStock